|
|
Entgegen meinem
Rahmenplan, der auch einen Besuch von Tauragė/Tauroggen
vorsah, fuhr ich von Klaipėda/Memel auf dem direkten
Советск/Tilsit. Dies war zum einen der Knappen Zeit, zum anderen
dem Umstand geschuldet, dass die Stadt außerhalb des einstigen
Memellandes liegt. Die Stadt in der am 30. Dezember 1812 die Konvention von Tauroggen
unterzeichnet wurde, in der die Trennung des preußischen
Hilfskorps von der französischen Armee vereinbart und damit
Befreiungskriege gegen Napoleon eingeleitet wurden, hatte nur zwischen
1691 bis 1793 unter brandenburgerischen, bzw. preußischer
Herrschaft gestanden. Seit der dritten Teilung Polens fiel es
gehörte es bis zur Unabhängigkeit Litauens im Jahre 1918 zum
russischen Zarenreich. Die 1907 eingeweihte Königin-Luise-Brücke (Мост
королевы Луизы/Luizos tiltas wurde nach Luise Prinzessin und Herzogin
zu Mecklenburg-Strelitz (1776 1810), der Gemahlin des preußischen
Königs Friedrich Wilhelms III. benannt. Popularität erlangte
die Königin durch ihr couragiertes Treffen mit Napoleon Bonaparte
am 6. Juli 1807 in Tilsit. Nachdem es dem preußischen
Artillerie-Hauptmann Fletcher am 12. September 1914 gelungen war, die
von den den abziehenden russischen Truppen angelegte Zündschnur zu
kappen, wurde die Brücke am 22. Oktober 1944 durch Pioniere der
Wehrmacht gesprengt, was jedoch die Eroberung Tilsits durch die Rote
Armee nicht mehr verhindern konnte. Die im Jahre 1947 begonnene
Restauration der Brücke, bei der die Szenenreliefs der
Königin durch sowjetische Motive ersetzt wurden, konnte 1965
abgeschlossen werden.
|
|
|
Nach etwa einer Stunde
Wartezeit und der erneuten Abgabe einer Zollerklärung über
die 'Vorübergehende Einfuhr eines Pkw" wurde das Tor nach Russland
(Foto links) geöffnet. Wenige Meter davon entfernt, wurden auf
einem Ballspielplatz echte Panzer gewartet (Foto rechts).
|
|
|
Nachdem
mich meine Tour im Jahre 2006 noch nach Неман/Ragnit,
Черняховск/Insterburg und Маёвка/Georgenburg geführt hatte,
wählte ich dieses Mal den direkten, 120 Kilometer langen Weg
über die A 216/E 77 (einstige Reichsstraße 138) zurück
nach Калинингра́д. 11
Kilometer von Советск/Tilsit entfernt liegt овоколхозное (Neu
Argeningken/Argenbrück), das am 18. Januar 1918 durch den
Zusammenstoß eines Militär-Urlauberzuges mit einem
Personenzug, bei dem 32 Menschen getötet und 36 verletzt wurde,
eine traurige Berühmtheit erlangte. Der einstige Zwiebelturm der
am 21. April 1910 eingeweihten Kirche wurde 1945 von der sowjetischen
Artillerie abgeschossen. Während man die Orgel und die Glocken
zertrümmerte, wurden die Kirchenbänke nach Советск gebracht,
wo sie als Sitzgelegenheiten für Teilnehmer von
Sportveranstaltungen dienten. Das schlecht erhaltenes Gebäude mit
zugemauerten Fenstern und neugedecktem Asbestzement-Plattendach
1994 wurde es der russisch-orthodoxen Kirche übereignet, die
es jedoch ebenfalls weiter verfallen lässt.
|
|
|
Nach 28 Kilometern machte ich einen kurzen Halt in Большаково, das bis 1938 Groß Skaisgirren (litauisch
skaistus = schön, herrlich, licht, durchscheinend, hell und giria
= Wald ) und von 1938–45 Kreuzingen
hieß. Der letzte deutsche Name des einstmals bedeutenden Marktfleckens, der
den größten Viehverladebahnhof Deutschlands besaß,
ergab sich daraus, dass in seinem Zentrum sechs Straßen
zusammentrafen. Die Reste der 1773 errichten evangelischen Kirche (Foto links),
die bereits 1807 von den Truppen Napoleons als Pferdestall benutzt
worden war, während der Kaiser der Franzosen im Pfarrhaus
nächtigte. Obgleich die Kirche im Zweiten Weltkrieg nur
wenig beschädigt worden war, wurden nach 1945 der obere Teil des
Kirchturms bis zur Dachhöhe des Schiffs abgetragen und die Fenster
zugemauert. Das einstige Langhaus wurde dann zunächst als
Kulturhaus, dann als Kaufhalle und Kino genutzt. Das verrottete Portal
zum ehemaligen Kirchhof bietet heute den einzigen zur Identifikation
des Bauwerks. Das 1958
errichtete gegenüber der einstigen Kirche errichte sowjetische
Denkmal erinnert an die heftigen Kämpfe zwischen der Roten Armee
und den sich zurückziehenden Wehrmachtseinheiten am 20.12
1945. |
|
|
Nach weiteren 23
Kilometern auf dieser Straße der Ruinen gelangte ich nach Дальнее (Groß Schirrau), das
weder mit dem 5 Kilometer nördlich gelegenen gleichnamigen Ort
(ehemals Bittkallen, 1938–1946 Bitterfelde) oder einem dritten, dem
heute nicht mehr existenten, sieben Kilometer westlich davon entfernten
Dalneje (bis 1946
Pettkuhnen) zu verwechseln ist. Das Grundstück für die am 1.
Dezember 1909 eingeweihte evangelische war von Besitzer der
Gastwirtschaft Ragnit, das Baumaterial von den Bauern der Umgebung
gestiftet worden. Kaiserin Auguste Viktoria, die Gemahlin Wilhelms I.
vermachte der Kirche eine wertvolle Altarbibel mit eigenhändiger
Widmung. Während der NS-Zeit schloß sich die Gemeinde der am
21. 12. 1909 eingeweihten „Jubiläumskirche“,
wie außer ihr nur die Gemeinde vom Paterswalde im Kreis Wehlau,
der Bekennenden Kirche an. Am 20. Januar
1945 wurde Schirrau von den letzten Einheiten der Wehrmacht durch
Räumung der der Roten Armee überlassen. Der neue russische
Name des Ortes bedeutet „Weite, Leere, Ebene“ , was durchaus eine
Erklärung dafür bietet, dass man ihn gleich drei in
unmittelbarer Nähe gelegenen Orten verliehen hat. Gleichwohl die
Kirche den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschädigt überstanden
hatte, nutzte man sie wie viele andere Kirchen in der Oblast zur
Gewinnung von Baumaterial. Heute existiert daher nur der in einem
desolaten Zustand befindliche Kirchturm und ein ebenfalls stark
verrottetes Kriegerdenkmal für im 1. Weltkrieg gefallenen
deutschen Soldaten.
|
|
|
An der A
229/ E 77 (ehemalige deutsche Reichsstraße 1), ca. 18
Kilometer östlich von Калинингра́д
liegt die Ortschaft Низовье.
Ihr
deutscher Name Waldau bezieht
sich weder auf einen Wald noch auf eine
Au, sondern ist vom prußischen 'waldonis' (Herrscher) abgeleitet.
Nicht
weiter verwunderlich, denn die im Jahre 1264 auf Geheiß zweier -
dem
Deutschen Orden treu ergebenen - samländischer Ritter errichtete
Burg
(Замок Вальдау), sollte den Hochmeistern des Ordens ab 1457 als
Sommerresidenz dienen. Um 1860 wurde das Schloss für die
erste
landwirtschaftliche Hochschule Ostpreußens umgebaut, die jedoch
1868
nach Königsberg verlegt werden sollte. Das mit dem
Königlichen
Waisenhaus verbundene, 1870 gegründete Lehrerseminar wurde nach
dem
Ersten Weltkrieg aufgelöst. |
|
|
Zwei Gedenktafeln
erinnern an die Великое посольство
Welikoje possolstwo /Große
Gesandtschaft, des russischen Zaren Пётр I (Peter I., der Große),
die hier am 27. Mai 1697 eine Rast einlegte.
|
|
|
In Калинингра́д hat sich seit meinem
letzten Besuch im Jahre 2006
bezüglich, dem in den 1970er Jahren errichteten, Дом
Советов (Haus der Räte oder Rätehaus) nichts
geändert; es ist weder eine Sanierung, noch ein Anriß
erfolgt. Infolge von
statischen Problemen, die sich aus den weichen Untergrund ergeben
hatten, waren die Bauarbeiten bereits am Rohbau des 16-stöckige
für die
Stadt- und die Oblastverwaltung vorgesehenen Hochhauses eingestellt
worden. Die am Standort des 1968 gesprengten
Königsberger Schlosses stehende Bauruine ist mittlerweile zu einem
fragwürdigen Wahrzeichen der nach den
schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges neu aufgebauten
sowjetischen Stadt geworden. Unbeeindruckt von den
Protesten Kaliningrader Studenten und Intellektueller, hatte KPdSU-
und Staatschef Леони́д Ильи́ч Бре́жнев
(Leonid Breschnew) bereits
1967 die Sprengung der aus sowjet-ideologischer Sicht als 'faulen Zahn des preußischen
Militarismus' angesehenen Schloßruine angeordnet. Das
Absacken des Gebäudes wird im
Volksmund daher auch als Rache der
Preußen bezeichnet. Die Ostseite des auf einer Insel im
Fluss Прего́ля (Kneiphof/Кнайпхоф) errichteten
Königsberger Dom /Кёнигсбергский собор (Foto rechts).
|
|
|
Diese Häuser mit
ihren historisierenden Fassaden (Fischerdorf) wurden erst in den
letzten Jahren am Ostufer des Alten
Pregel/старая Прего́ля errichtet
(Foto links). Die Südflanke, des zwischen 1297 und 1302 erbauten
Königsberger Doms (Foto rechts). Nach den verheerenden
Luftangriffen der Royal Air Force Ende August 1944, bei denen das
Gebäude vollständig ausbrannte hat das Sowjetregime an seiner
Restaurierung kein Interesse. Wie alle Vorkriegsbauten galt es als ein
Symbol des preußischen Militarismus und Faschismus und ein
'Schandmal der neuen sozialistischen Stadt'. Deshalb war auch
hier war eine Sprengung beabsichtigt....
|
|
|
....die jedoch wegen
des an Nordostseite des Domes befindlichen Grabmals (Kantiana)
des Königsberger Philosophen Immanuel
Kant (1724-1804), der
auch von der realsozialistischen Nomenklatura hoch geschätzt
wurde, ausbleiben sollte. An der Südostseite des Domes steht ein
Gedenkstein für den deutscher Theologen, Publizisten,
Hochschullehrer und Freimaurer Friedrich
Julius Leopold Rupp (1809 - 1884), der wegen der
öffentlichen Verwerfung des Athanasianischen Symbols und der damit
verbundenen Ablehung der christlichen Trinitätslehre 1845 seines
Amtes enthoben wurde. Rupp hatte entscheidenden Einfluss auf den Verein der Protestantischen Freunde
(Lichtfreunde), eine rationalistisch geprägte protestantische
Gruppierung, die sich für ein vernunftgemäßes,
praktisches Christentum einsetzte. Daneben beteiligte er sich als
Redner im Vormärz an der Deutschen Revolution von 1848/1849 und
wurde später Mitglied im 1859 gegründeten Königsberger
Komitee für unabhängige Wahlen. Zusammen mit dem ebenfalls
aus Königsberg stammenden Arzt,
Politiker, Radikaldemokraten
und Vorkämpfer für die jüdische
Gleichberechtigung, Johann Jacoby (1805 - 1877),
verfasste Rupp ein politisches Programm. Später sollte
er noch den Verfassungsfreund, das Organ des Vereins der
Verfassungsfreunde in Königsberg, redigieren. Rupp ist Rupp der
Großvater der Grafikerin, Malerin und
Bildhauerin Käthe
Kollwitz, geb. Schmidt (1867 - 1945)
|
|
|
Im Jahre
1960 hatte der der Dom zwar den den Status eines Kulturdenkmals
erhalten dennoch gab es lange Zeit keinerlei Bestrebungen, seinen
Verfall zu stoppen und die Kirche oder das Grabmal Kants zu
restaurieren. In den Jahren 1976 und 1982 erfolgten
Konservierungsversuche. Nachdem mit der перестройка (Perestroika) die Diskussionen über
die Zukunft des Königsberger Doms wiederbelebt worden waren, wurde
im Jahre 1992 von Igor Alexandrowitsch Odinzow und seiner Firma
Katedralny Sobor mit den Restaurationsarbeiten begonnen. Während
die Projektleitung eng mit dem Zentrum für Handwerk und
Denkmalpflege in Fulda zusammenarbeitet, beteiligen sich neben der
Regierung der Russischen Föderation eine Reihe von Stiftungen und
Vereinen an den Kosten für die Renovierung. In dem als
kulturell-religiöses Zentrum weitgehend wiederhergestellten Dom
befinden sich eine evangelische und eine orthodoxe Kapelle,
Taufkapelle, Dommuseum, Kantmuseum, Stadtmuseum und Räume der
Wallenrodtschen Bibliothek. Im Dom werden regelmäßig
Gottesdienste abgehalten. Bereits am 7. Mai 1995 fand der erste
ökumenische Gottesdienst mit Beteiligung der drei Konfessionen
statt. Daneben ist der Dom mittlerweile zu einem Ort von Konzerten
für klassische und religiöse Musik geworden. Als erstes
internationales Orchester hatte hier das MDR-Sinfonieorchester am
23. Januar 2010 einen Auftritt, der als ein besonderes Symbol der
Annäherung zwischen den Kaliningradern und den deutschen Wurzeln
ihrer Stadt gewertet wird. An der Südostecke des heute als
Kantinsel bezeichneten Kneiphofes wurden diese beiden,
ebenfalls aus Rochlitzer Porphyrtuff gemeißelten Atlanten
aufgestellt (Foto rechts). |
Videoclip:
Glockengeläut des Königsberger Doms
|
|
|
Das Ufer des Neuen Pregel/новый
Прего́ля wird von
Plattenbauten gesäumt. Hier wurde 1974 auch ein Denkmal für
U-Bootkommandanten Александр Иванович Маринеско Marinesko wurde 1913
als
Sohn eines rumänischen Seemanns und einer Ukrainerin in Odessa
geboren. Nach seiner militärischen bei der sowjetischen
Schwarzmeerflotte, wurde er zur Baltischen Flotte versetzt. Als
Kommandant des U-Boots S-13 ließ er im Winter 1945 die
Kreuzfahrtschiffe Wilhelm Gustloff und Steuben versenken, wodurch
über 10.000 vor der Roten Armee geflüchtete Frauen, Kinder
und Alte in den eisigen Fluten den Tod fanden. Da er jedoch wegen
mangelnder Disziplin aufgefallen war, wurde ihm nicht nur die
Anerkennung als Held der Sowjetunion verweigert.
Unehrenhaft aus der Marine entlassen, verbrachte er wegen Diebstahls
zwei Jahre im Straflager und starb schließlich in
Leningrad. 27 Jahre nach seinem Tod wurde Marinesko 1990 Michail
Gorbatschow [!] posthum zum Helden der Sowjetunion erklärt und mit
einem Monument geehrt (Foto rechts). Marinesko spielt eine wichtige
Rolle in der 2002 erschienenen Novelle 'Im
Krebsgang' des
Literatur-Nobelreisträgers von 1999, Günter Grass.
|
|
|
Unweit der Балтийский
федеральный университет имени Иммануила Канта (Baltische Föderale
Immanuel-Kant-Universität) wurde mit der in den letzten Jahren
erbauten Храм-часовня Татианы
(Kirche zur Heiligen Tatjana) das achte russisch orthodoxe Gotteshaus
in Kaliningrad eröffnet.
|
|
|
Das Königstor ist
eines von ehemals sechs Stadttoren und Teil der im 19. Jahrhundert
errichteten Fortifikationsanlagen. Während sein Entwurf von
preußischen Baumeister Friedrich August Stüler (1880 - 1865)
stammte, wurde seine Westfassade vom Bildhauer Wilhelm Stürmer
(1812 - 1885) in neun Metern Höhe mit den Sandstein-Statuen von
drei historischen Gestalten ausgestattet, die eng mit der Geschichte
der Stadt verbunden sind: Der böhmische König Ottokar
II. Přemysl (um 1232 - 1278), dem Königsberg seinen Namen
verdankt, König Friedrich I. (1657 -1713), der sich
1701 zum ersten König in Preußen krönte und Albrecht von Brandenburg-Ansbach,
(1490
- 1568), dem letzten Hochmeister des Deutschen ordens und erstem Herzog
Preußens über die Stadt. Er war der Gründer des
Herzogtums Preußen und der Universität Albertina. Über
den Figuren sind die Wappen des Samlandes und Natangens angebracht.
Unter den Figuren befinden sich die Wappen Böhmens, Preußens
und Brandenburgs. Am Ende des Zweiten Weltkrieg wurde das Tor
beschädigt. Sowjetische Soldaten schlugen den Figuren die
Köpfe ab. Zur 750-Jahr-Feier der Stadt im Juli 2005 wurde das
Königstor als offizielles Symbol des Stadtjubiläums
innerhalb kürzester Zeit im Stil der alten Ordensarchitektur
restauriert. Hierbei kehrten auch die 1945 verstümmelten Figuren
komplett an die Fassade zurück. Auch der in den 1850er Jahren
erbaute und nach dem preußischen Generalfeldmarschall Friedrich
Karl Emil Graf zu Dohna-Schlobitten (1784 - 1859) benannte Dohna-Turm gehörte...
|
|
|
.....gehörte
zusammen mit dem unmittelbar daneben errichteten Rossgärter Tor (Росгартенские
ворота) zu den Fortifikationsanlagen der Stadt Königsberg. Das gut
erhaltene Tor wurde zwischen 1852 - 1855 von Wilhelm Stürmer am
ersten Wall erbaut. Die Durchfahrt lag in der Tormitte, wobei zu beiden
Seiten Kasematten, in denen früher die Torwache untergebracht
waren, angeordnet sind. An seiner Außenseite lag ein Wassergraben
mit Zugbrücke und über dem gesamten Tor befindet sich ein
Beobachtungsplatz mit Brustwehr, an deren Seiten sich zwei
Halbtürme erheben. Zu beiden Seiten der stadtseitigen Durchfahrt
befinden sich Hochreliefs von Gerhard von Scharnhorst und August von
Gneisenau. Aus ungeklärten Gründen wurden das Rossgärter
Tor und der Dohna-Turm bis zum 10. April 1945, also einen Tag über
die Kapitulation der von der NS-Propaganda zur 'Festung
Königsberg" erklärten Stadt hinaus, verteidigt. Das heute
darin untergebrachte Café und Fischrestaurant lassen diese
schrecklichen tage vergessen.
|
|
|
Die
russisch-orthodoxe Храм Христа Спасителя (Christ-Erlöser-Kathedrale) ist
mit 73 m das höchste Gebäude Kaliningrads und das
größte Kirchengebäude der Oblast Kaliningrad. Seit dem
31. März 2009 dient sie als Metropolitankirche der Diözese
von Kaliningrad und Baltijsk. Im Jahre 1995 entschieden sich die
Kaliningrader Bürger bei einem Referendum dafür, eine
Kathedrale auf dem Площадь победы (Siegesplatz)
Kaiser-Wilhelm- und Hansaplatz) vor dem Nordbahnhof erbauen zu lassen.
Während ihre Grundsteinlegung am 23. Juni 1996 in Anwesenheit des
damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin erfolgte, fand ihre
Einweihung am 10. September 2006 [wenige Tage nach meinem ersten Besuch
der Stadt] im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Oblast
Kaliningrad im Beisein Wladimir Putins und des Patriarchen Alexej II.
statt. Der heutige Siegesplatz hieß Kaiser-Wilhelms-Platz (bis
1919) und Hansaplatz war während des Dritten Reiches in
Adolf-Hitler-Platz umbenannt worden.....
|
|
|
|
...heute
befinden sich an diesem neuen Stadtzentrum Banken,
Geschäfte, Einkaufszentren und die Stadtverwaltung, die ihren Sitz
im 1923 von Hans
Hopp erbauten Neuen Rathaus
(Foto links) hat. Während das Lenin-Denkmal vom Platz vor der
Kathedrale entfernt wurde, hat man das wenige Hundert Meter davon
entfernte Denkmal für Mütterchen
Russland (Foto rechts) unangetastet gelassen.
|
|
|
|
Wenige Meter westlich der
Второй эстакадный мост,
einer über den Kneiphof und den Pregel führenden Brücke
(Hochstrasse), wurde ein Denkmal für den Stadtgründer
König Ottokar II. Přemysl von Böhmen errichtet. Dem
gegenüber ankert ein U-Boot.
|
|
|
Nachdem ich diesmal auch
das Denkmal des Namensgebers der Stadt, Михаил Иванович Калинин/Michail Iwanowitsch
Kalinin (1875 - 1946), welcher von März 1919 bis 1946
zuerst als formelles Staatsoberhaupt Sowjetrusslands, dann als
Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets als formelles
Staatsoberhaupt der Sowjetunion amtiert fotografiert hatte,
verließ ich die Stadt wieder durch die Бранденбургские ворота (Brandenburger Tor), um auf
die A 194/E28 (einstige Reichsstrasse 1) zur Grenze nach Polen zu
fahren.....
|
|
|
Wie im Jahre 2006, legte
ich auch diesmal in der von Markgraf Otto III. von Brandenburg für
den Deutschen Ritterorden im Jahre 1266 errichteten Brandenburg am Frischen Haff (heute:
Ушаково) eine kurze
Pause ein. An der Frisching-Mündung erbaut diente ab 1275 in Stein
ausgebaute Feste einst zur Überwachung des Schiffsverkehrs nach
Königsberg. Nachdem sie von 1266 bis 1499 als Sitz eines
Ordenskomtur diente, brannte sie 1520 aus und wurde nach ihrer
Wiederherstellung zwischen 1525 bis 1752 von einem Amtshauptmann als
Sitz genutzt. . Danach verfiel das einstmals stattliche Schloss und
wurde nach 1776 schließlich abgetragen. Im Schutz der Burg
hatte sich eine Lischke (von prußisch liscis = Lager)
entwickelt, die 1513 ihre Handfeste erhielten und sich als Brandenburg
zu
einem Marktflecken mit einem einen kleinen Hafen entwickeln
sollte.
|
|
|
Etwa vier
vor dem Grenzübergang Мамоново
(Heiligenbeil) wurde ich durch einem Wegweiser auf das nur 10
Kilometer von der A 194 abgelegene Бальга/Balga
(prußisch balgnan = Sattel) aufmerksam gemacht. timediver®
konnte sich daran erinnern, dass hier die Kreuzritter ihre erste
Eroberungsschlacht geschlagen hatten und - einer bitteren Ironie des
Geschichte folgend - zu Beginn des Jahres 1945 die letzte Deutschen vor
der herannahenden Roten Armee auf das zugefrorene Frische Haff Richtung
Westen geflohen waren. Tausende der Flüchtlinge fanden damals im
Feuer sowjetischer Tiefflieger oder unter dem der einbrechenden
Eisschicht in eisiger Kälte den Tod. Die asphaltierte Straße
wandelte sich zunächst in eine hohle Gasse mit Kopfsteinpflaster
(Foto rechts), dann in eine kilometerlange Schlaglochpiste.... |
|
|
...an
deren Ende mich diese freundliche Begrüßen erwartete (Foto
links). Oberhalb des weißen, feinsandigen Strandes bietet
sich ein Blick über das Frische
Haff/Калининградский/Zalew Wiślany, welches einstmals aufgrund
seiner aus Friesland stammenden deutschen Siedler als Friesisches Haff bezeichnet worden
war. Erst im Laufe der Zeit sollte sich diese Bezeichnung
über Fries’sches Haff zu Frisches Haff wandeln.
|
|
|
|
Bereits 1238 war Markgraf
Heinrich von Meißen mit zwei Schiffsmannschaften an der Eroberung
der prußische Burg Balga gescheitert. Nach einer erneuten
Schlacht konnte sie vom Marschall des Deutschen
Ritterordens, Dietrich von Bernheim, eingenommen und mit Hilfe des
Herzog Ottos von Braunschweig auch gehalten werden. Als älteste
Steinburg des Ordens auf dem Gebiet der heutigen Kaliningradskaya
Oblast war von 1250 bis 1499 der Sitz des Komturs der Kommende Balga
und eines Ordenskonvents. Wie die Brandenburg, spielte auch auch
das als Wuntenowe (von prußisch undan, wundan = am
Wasser)
bezeichnete Balga, aufgrund seiner direkten Lage am Frischen
Haff eine wichtige Rolle zur Kontrolle des Schiffsverkehrs. Die
Kommende Balga grenzte in älterer Zeit an den Gau Barten. Von der
Honeda, der deutschen Bezeichnung Balgas, aus eroberte der Deutsche
Ritterorden die prußischen Stammesgebiete Warmia und Natangen. Der Verfall der Burg
setzte bereits Mitte des 16. Jahrhunderts ein. |
|
|
Der
schwedische König Gustav II. Adolf nutzte die Burg im Ersten
Schwedenkrieg ab 1626 als Magazin. Um Baumaterial für die Feste
Pillau
zu beschaffen, wurden Teile der Burg ab 1627 abgebrochen. Bis zum Ende
des 18. Jahrhunderts war das Haupthaus bis auf Reste des Fundaments
abgetragen. Zur Burg gehörten die kleine Ortschaft Balga und ein
Gut auf dem
Pferde-, Vieh- und Schaftzucht betrieben worden war. Hieraus entstand
eine Domäne, die 1849 an die Familie v. Glasow verkauft und bis
1945
als Rittergut in deren Besitz blieb. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs
war Balga im März 1945 der letzte
Brückenkopf der sich zurückziehenden deutschen
Heereseinheiten am
östlichen Haffufer. Der 1906 von 850 Menschen bewohnte Ort liegt
heute
in einer überwucherten Wildnis, in deren Gestrüpp ich dieses
'Checkboard' für die Landung einer Tupolew TU-134 finden (Foto
rechts) konnte..... |
|
|
Obwohl es auch das neue
Wappen des Ortes vermuten lassen könnte, ist der deutsche Ortsname
Heiligenbeil nicht auf ein Beil, sondern auf das prußische
Wort für Sprache (bila) zurückführen. Auf einer Hauswand
präsentiert sich Мамоново
als Tor nach Russland (Foto links). Auch meine
nunmehr vierte russische Paß- und Zollkontrolle
verlief relativ schnell. Diesmal wollte es jedoch der polnische
Zöllner ganz genau wissen....
|
|