• Letzte Aktualisierung: 11.08.2014

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Kaliningrader Gebiet
Калининградская область




Entgegen meinem Rahmenplan, der auch einen Besuch von Tauragė/Tauroggen vorsah, fuhr ich von Klaipėda/Memel auf dem direkten Советск/Tilsit.  Dies war zum einen der Knappen Zeit, zum anderen dem Umstand geschuldet, dass die Stadt außerhalb des einstigen Memellandes liegt. Die Stadt in der am 30. Dezember 1812 die Konvention von Tauroggen unterzeichnet wurde, in der die Trennung des preußischen Hilfskorps von der französischen Armee vereinbart und damit Befreiungskriege gegen Napoleon eingeleitet wurden, hatte nur zwischen 1691 bis 1793 unter brandenburgerischen, bzw. preußischer Herrschaft gestanden.  Seit der dritten Teilung Polens fiel es gehörte es bis zur Unabhängigkeit Litauens im Jahre 1918 zum russischen Zarenreich. Die 1907 eingeweihte Königin-Luise-Brücke (Мост королевы Луизы/Luizos tiltas wurde nach Luise Prinzessin und Herzogin zu Mecklenburg-Strelitz (1776 1810), der Gemahlin des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. benannt. Popularität erlangte die Königin durch ihr couragiertes Treffen mit Napoleon Bonaparte am 6. Juli 1807 in Tilsit.  Nachdem es dem preußischen Artillerie-Hauptmann Fletcher am 12. September 1914 gelungen war, die von den den abziehenden russischen Truppen angelegte Zündschnur zu kappen, wurde die Brücke am 22. Oktober 1944 durch Pioniere der Wehrmacht gesprengt, was jedoch die Eroberung Tilsits durch die Rote Armee nicht mehr verhindern konnte. Die im Jahre 1947 begonnene Restauration der Brücke, bei der die Szenenreliefs der Königin durch sowjetische Motive ersetzt wurden, konnte 1965 abgeschlossen werden.


Nach etwa einer Stunde Wartezeit und der erneuten Abgabe einer Zollerklärung über die 'Vorübergehende Einfuhr eines Pkw" wurde das Tor nach Russland (Foto links) geöffnet. Wenige Meter davon entfernt, wurden auf einem Ballspielplatz echte Panzer gewartet (Foto rechts).


Nachdem mich meine Tour im Jahre 2006 noch nach Неман/Ragnit, Черняховск/Insterburg und Маёвка/Georgenburg geführt hatte, wählte ich dieses Mal den direkten, 120 Kilometer langen Weg über die A 216/E 77 (einstige Reichsstraße 138) zurück nach Калинингра́д. 11 Kilometer von Советск/Tilsit entfernt liegt овоколхозное (Neu Argeningken/Argenbrück), das am 18. Januar 1918 durch den Zusammenstoß eines Militär-Urlauberzuges mit einem Personenzug, bei dem 32 Menschen getötet und 36 verletzt wurde, eine traurige Berühmtheit erlangte. Der einstige Zwiebelturm der am 21. April 1910 eingeweihten Kirche wurde 1945 von der sowjetischen Artillerie abgeschossen. Während man die Orgel und die Glocken zertrümmerte, wurden die Kirchenbänke nach Советск gebracht, wo sie als Sitzgelegenheiten für Teilnehmer von Sportveranstaltungen dienten. Das schlecht erhaltenes Gebäude mit zugemauerten Fenstern und neugedecktem Asbestzement-Plattendach 1994  wurde es der russisch-orthodoxen Kirche übereignet, die es jedoch ebenfalls  weiter verfallen lässt.


Nach 28 Kilometern machte ich einen kurzen Halt in Большаково, das bis 1938 Groß Skaisgirren (litauisch skaistus = schön, herrlich, licht, durchscheinend, hell und giria = Wald ) und von 1938–45 Kreuzingen hieß. Der letzte deutsche Name des einstmals bedeutenden Marktfleckens, der den größten Viehverladebahnhof Deutschlands besaß, ergab sich daraus, dass in seinem Zentrum sechs Straßen zusammentrafen. Die Reste der 1773 errichten evangelischen Kirche (Foto links), die bereits 1807 von den Truppen Napoleons als Pferdestall benutzt worden war, während der Kaiser der Franzosen im Pfarrhaus nächtigte.  Obgleich die Kirche im Zweiten Weltkrieg nur wenig beschädigt worden war, wurden nach 1945 der obere Teil des Kirchturms bis zur Dachhöhe des Schiffs abgetragen und die Fenster zugemauert. Das einstige Langhaus wurde dann zunächst als Kulturhaus, dann als Kaufhalle und Kino genutzt. Das verrottete Portal zum ehemaligen Kirchhof bietet heute den einzigen zur Identifikation des Bauwerks. Das 1958 errichtete gegenüber der einstigen Kirche errichte sowjetische Denkmal erinnert an die heftigen Kämpfe zwischen der Roten Armee und den sich zurückziehenden Wehrmachtseinheiten am 20.12 1945.
Nach weiteren 23 Kilometern auf dieser Straße der Ruinen gelangte ich nach Дальнее (Groß Schirrau), das weder mit dem 5 Kilometer nördlich gelegenen gleichnamigen Ort (ehemals Bittkallen, 1938–1946 Bitterfelde) oder einem dritten, dem heute nicht mehr existenten, sieben Kilometer westlich davon entfernten Dalneje (bis 1946 Pettkuhnen) zu verwechseln ist. Das Grundstück für die am 1. Dezember 1909 eingeweihte evangelische war von Besitzer der Gastwirtschaft Ragnit, das Baumaterial von den Bauern der Umgebung gestiftet worden. Kaiserin Auguste Viktoria, die Gemahlin Wilhelms I. vermachte der Kirche eine wertvolle Altarbibel mit eigenhändiger Widmung. Während der NS-Zeit schloß sich die Gemeinde der am 21. 12. 1909 eingeweihten „Jubiläumskirche“, wie außer ihr nur die Gemeinde vom Paterswalde im Kreis Wehlau, der Bekennenden Kirche an. Am 20. Januar 1945 wurde Schirrau von den letzten Einheiten der Wehrmacht durch Räumung der der Roten Armee überlassen. Der neue russische Name des Ortes bedeutet  „Weite, Leere, Ebene“ , was durchaus eine Erklärung dafür bietet, dass man ihn gleich drei in unmittelbarer Nähe gelegenen Orten verliehen hat. Gleichwohl die Kirche den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschädigt überstanden hatte, nutzte man sie wie viele andere Kirchen in der Oblast zur Gewinnung von Baumaterial. Heute existiert daher nur der  in einem desolaten Zustand befindliche Kirchturm und ein ebenfalls stark verrottetes Kriegerdenkmal für im  1. Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten.

An der A 229/ E 77 (ehemalige deutsche Reichsstraße 1), ca. 18 Kilometer östlich von Калинингра́д liegt die Ortschaft Низовье. Ihr deutscher Name Waldau bezieht sich weder auf einen Wald noch auf eine Au, sondern ist vom prußischen 'waldonis' (Herrscher) abgeleitet. Nicht weiter verwunderlich, denn die im Jahre 1264 auf Geheiß zweier - dem Deutschen Orden treu ergebenen - samländischer Ritter errichtete Burg (Замок Вальдау), sollte den Hochmeistern des Ordens ab 1457 als Sommerresidenz dienen.  Um 1860 wurde das Schloss für die erste landwirtschaftliche Hochschule Ostpreußens umgebaut, die jedoch 1868 nach Königsberg verlegt werden sollte. Das mit dem Königlichen Waisenhaus verbundene, 1870 gegründete Lehrerseminar wurde nach dem Ersten Weltkrieg aufgelöst.
 Zwei Gedenktafeln erinnern an die Великое посольство Welikoje possolstwo /Große Gesandtschaft, des russischen Zaren Пётр I  (Peter I., der Große), die hier am 27. Mai 1697 eine Rast einlegte.


In Калинингра́д hat sich seit meinem letzten Besuch im Jahre 2006 bezüglich, dem in den 1970er Jahren errichteten, Дом Советов (Haus der Räte oder Rätehaus) nichts geändert; es ist weder eine Sanierung, noch ein Anriß erfolgt. Infolge von statischen Problemen, die sich aus den weichen Untergrund ergeben hatten, waren die Bauarbeiten bereits am Rohbau des 16-stöckige für die Stadt- und die Oblastverwaltung vorgesehenen Hochhauses eingestellt worden. Die am Standort des 1968 gesprengten Königsberger Schlosses stehende Bauruine ist mittlerweile zu einem fragwürdigen Wahrzeichen der nach den schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges neu aufgebauten sowjetischen Stadt geworden. Unbeeindruckt von den Protesten Kaliningrader Studenten und Intellektueller, hatte KPdSU- und Staatschef Леони́д Ильи́ч Бре́жнев (Leonid Breschnew) bereits 1967 die Sprengung der aus sowjet-ideologischer Sicht als 'faulen Zahn des preußischen Militarismus' angesehenen Schloßruine angeordnet. Das Absacken des Gebäudes wird im Volksmund daher auch als Rache der Preußen bezeichnet. Die Ostseite des auf einer Insel im Fluss Прего́ля (Kneiphof/Кнайпхоф) errichteten Königsberger Dom /Кёнигсбергский собор (Foto rechts). 


Diese Häuser mit ihren historisierenden Fassaden (Fischerdorf) wurden erst in den letzten Jahren am Ostufer des Alten Pregel/старая Прего́ля errichtet (Foto links). Die Südflanke, des zwischen 1297 und 1302 erbauten Königsberger Doms (Foto rechts). Nach den verheerenden Luftangriffen der Royal Air Force Ende August 1944, bei denen das Gebäude vollständig ausbrannte hat das Sowjetregime an seiner Restaurierung kein Interesse. Wie alle Vorkriegsbauten galt es als ein Symbol des preußischen Militarismus und Faschismus und ein 'Schandmal der neuen sozialistischen Stadt'.  Deshalb war auch hier war eine Sprengung beabsichtigt....
....die jedoch wegen des an Nordostseite des Domes befindlichen Grabmals (Kantiana) des Königsberger Philosophen Immanuel Kant (1724-1804), der  auch von der realsozialistischen Nomenklatura hoch geschätzt wurde, ausbleiben sollte. An der Südostseite des Domes steht ein Gedenkstein für den deutscher Theologen, Publizisten, Hochschullehrer und Freimaurer Friedrich Julius Leopold Rupp (1809 - 1884), der wegen der öffentlichen Verwerfung des Athanasianischen Symbols und der damit verbundenen Ablehung der christlichen Trinitätslehre 1845 seines Amtes enthoben wurde. Rupp hatte entscheidenden Einfluss auf den Verein der Protestantischen Freunde (Lichtfreunde), eine rationalistisch geprägte protestantische Gruppierung, die sich für ein vernunftgemäßes, praktisches Christentum einsetzte. Daneben beteiligte er sich als Redner im Vormärz an der Deutschen Revolution von 1848/1849 und wurde später Mitglied im 1859 gegründeten Königsberger Komitee für unabhängige Wahlen. Zusammen mit dem ebenfalls aus Königsberg stammenden Arzt, Politiker, Radikaldemokraten  und Vorkämpfer für die jüdische Gleichberechtigung, Johann Jacoby (1805 - 1877), verfasste Rupp ein politisches Programm. Später sollte er noch den Verfassungsfreund, das Organ des Vereins der Verfassungsfreunde in Königsberg, redigieren. Rupp ist Rupp der Großvater der Grafikerin, Malerin und Bildhauerin  Käthe Kollwitz, geb. Schmidt (1867 - 1945)

Im Jahre 1960 hatte der der Dom zwar den den Status eines Kulturdenkmals erhalten dennoch gab es lange Zeit keinerlei Bestrebungen, seinen Verfall zu stoppen und die Kirche oder das Grabmal Kants zu restaurieren. In den Jahren 1976 und 1982 erfolgten  Konservierungsversuche. Nachdem mit der перестройка (Perestroika) die Diskussionen über die Zukunft des Königsberger Doms wiederbelebt worden waren, wurde im Jahre 1992 von Igor Alexandrowitsch Odinzow und seiner Firma Katedralny Sobor mit den Restaurationsarbeiten begonnen. Während die Projektleitung eng mit dem Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege in Fulda zusammenarbeitet, beteiligen sich neben der Regierung der Russischen Föderation eine Reihe von Stiftungen und Vereinen an den Kosten für die Renovierung. In dem als kulturell-religiöses Zentrum weitgehend wiederhergestellten Dom befinden sich eine evangelische und eine orthodoxe Kapelle, Taufkapelle, Dommuseum, Kantmuseum, Stadtmuseum und Räume der Wallenrodtschen Bibliothek. Im Dom werden regelmäßig Gottesdienste abgehalten. Bereits am 7. Mai 1995 fand der erste ökumenische Gottesdienst mit Beteiligung der drei Konfessionen statt. Daneben ist der Dom mittlerweile zu einem Ort von Konzerten für klassische und religiöse Musik geworden. Als erstes internationales Orchester hatte hier das MDR-Sinfonieorchester am  23. Januar 2010 einen Auftritt, der als ein besonderes Symbol der Annäherung zwischen den Kaliningradern und den deutschen Wurzeln ihrer Stadt gewertet wird. An der Südostecke des heute als Kantinsel bezeichneten Kneiphofes wurden diese beiden, ebenfalls aus Rochlitzer Porphyrtuff gemeißelten Atlanten aufgestellt (Foto rechts).

Videoclip:
Glockengeläut des Königsberger Doms




Das Ufer des Neuen Pregel/новый Прего́ля wird von Plattenbauten gesäumt. Hier wurde 1974 auch ein Denkmal für U-Bootkommandanten Александр Иванович Маринеско Marinesko wurde 1913 als Sohn eines rumänischen Seemanns und einer Ukrainerin in Odessa geboren. Nach seiner militärischen bei der sowjetischen Schwarzmeerflotte, wurde er zur  Baltischen Flotte versetzt. Als Kommandant des U-Boots S-13 ließ er im Winter 1945 die Kreuzfahrtschiffe Wilhelm Gustloff und Steuben versenken, wodurch über 10.000 vor der Roten Armee geflüchtete Frauen, Kinder und Alte in den eisigen Fluten den Tod fanden. Da er jedoch wegen mangelnder Disziplin aufgefallen war, wurde ihm nicht nur die Anerkennung als Held der Sowjetunion verweigert. Unehrenhaft aus der Marine entlassen, verbrachte er wegen Diebstahls zwei Jahre im Straflager und starb schließlich in Leningrad.  27 Jahre nach seinem Tod wurde Marinesko 1990 Michail Gorbatschow [!] posthum zum Helden der Sowjetunion erklärt und mit einem Monument geehrt (Foto rechts). Marinesko spielt eine wichtige Rolle in der 2002 erschienenen Novelle 'Im Krebsgang' des Literatur-Nobelreisträgers von 1999, Günter Grass.


Unweit der Балтийский федеральный университет имени Иммануила Канта (Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität) wurde mit der in den letzten Jahren erbauten Храм-часовня Татианы (Kirche zur Heiligen Tatjana) das achte russisch orthodoxe Gotteshaus in Kaliningrad eröffnet. 


Das Königstor ist eines von ehemals sechs Stadttoren und Teil der im 19. Jahrhundert errichteten Fortifikationsanlagen. Während sein Entwurf von preußischen Baumeister Friedrich August Stüler (1880 - 1865) stammte, wurde seine Westfassade vom Bildhauer Wilhelm Stürmer (1812 - 1885) in neun Metern Höhe mit den Sandstein-Statuen von drei historischen Gestalten ausgestattet, die eng mit der Geschichte der Stadt verbunden sind: Der böhmische König Ottokar II. Přemysl (um 1232 - 1278), dem Königsberg seinen Namen verdankt, König Friedrich I. (1657 -1713), der sich 1701 zum ersten König in Preußen krönte und Albrecht von Brandenburg-Ansbach, (1490 - 1568), dem letzten Hochmeister des Deutschen ordens und erstem Herzog Preußens über die Stadt. Er war der Gründer des Herzogtums Preußen und der Universität Albertina. Über den Figuren sind die Wappen des Samlandes und Natangens angebracht. Unter den Figuren befinden sich die Wappen Böhmens, Preußens und Brandenburgs. Am Ende des Zweiten Weltkrieg wurde das Tor beschädigt. Sowjetische Soldaten schlugen den Figuren die Köpfe ab. Zur 750-Jahr-Feier der Stadt im Juli 2005 wurde das Königstor als offizielles Symbol des Stadtjubiläums innerhalb  kürzester Zeit im Stil der alten Ordensarchitektur restauriert. Hierbei kehrten auch die 1945 verstümmelten Figuren komplett an die Fassade zurück. Auch der in den 1850er Jahren erbaute und nach dem preußischen Generalfeldmarschall Friedrich Karl Emil Graf zu Dohna-Schlobitten (1784 - 1859) benannte Dohna-Turm gehörte...


.....gehörte zusammen mit dem unmittelbar daneben errichteten Rossgärter Tor (Росгартенские ворота) zu den Fortifikationsanlagen der Stadt Königsberg. Das gut erhaltene Tor wurde zwischen 1852 - 1855 von Wilhelm Stürmer am ersten Wall erbaut. Die Durchfahrt lag in der Tormitte, wobei zu beiden Seiten Kasematten, in denen früher die Torwache untergebracht waren, angeordnet sind. An seiner Außenseite lag ein Wassergraben mit Zugbrücke und über dem gesamten Tor befindet sich ein Beobachtungsplatz mit Brustwehr, an deren Seiten  sich zwei Halbtürme erheben. Zu beiden Seiten der stadtseitigen Durchfahrt befinden sich Hochreliefs von Gerhard von Scharnhorst und August von Gneisenau. Aus ungeklärten Gründen wurden das Rossgärter Tor und der Dohna-Turm bis zum 10. April 1945, also einen Tag über die Kapitulation der von der NS-Propaganda zur 'Festung Königsberg" erklärten Stadt hinaus, verteidigt. Das heute darin untergebrachte Café und Fischrestaurant lassen diese schrecklichen tage vergessen.

Die russisch-orthodoxe Храм Христа Спасителя (Christ-Erlöser-Kathedrale) ist mit 73 m das höchste Gebäude Kaliningrads und das größte Kirchengebäude der Oblast Kaliningrad. Seit dem 31. März 2009 dient sie als Metropolitankirche der Diözese von Kaliningrad und Baltijsk. Im Jahre 1995 entschieden sich die Kaliningrader Bürger bei einem Referendum dafür, eine Kathedrale auf dem Площадь победы (Siegesplatz) Kaiser-Wilhelm- und Hansaplatz) vor dem Nordbahnhof erbauen zu lassen. Während ihre Grundsteinlegung am 23. Juni 1996 in Anwesenheit des damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin erfolgte, fand ihre Einweihung am 10. September 2006 [wenige Tage nach meinem ersten Besuch der Stadt] im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten der Oblast Kaliningrad im Beisein Wladimir Putins und des Patriarchen Alexej II. statt. Der heutige Siegesplatz hieß Kaiser-Wilhelms-Platz (bis 1919) und Hansaplatz war während des Dritten Reiches in Adolf-Hitler-Platz umbenannt worden.....
...heute befinden sich an diesem neuen Stadtzentrum Banken, Geschäfte, Einkaufszentren und die Stadtverwaltung, die ihren Sitz im 1923 von Hans Hopp erbauten Neuen Rathaus (Foto links) hat. Während das Lenin-Denkmal vom Platz vor der Kathedrale entfernt wurde, hat man das wenige Hundert Meter davon entfernte Denkmal  für Mütterchen Russland  (Foto rechts) unangetastet gelassen.



Wenige Meter westlich der Второй эстакадный мост, einer über den Kneiphof und den Pregel führenden Brücke (Hochstrasse), wurde ein Denkmal für den Stadtgründer König Ottokar II. Přemysl von Böhmen errichtet. Dem gegenüber ankert ein U-Boot.


Nachdem ich diesmal auch das Denkmal des Namensgebers der Stadt, Михаил Иванович Калинин/Michail Iwanowitsch Kalinin (1875 - 1946), welcher von März 1919 bis 1946 zuerst als formelles Staatsoberhaupt Sowjetrusslands, dann als Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets als formelles Staatsoberhaupt der Sowjetunion amtiert fotografiert hatte, verließ ich die Stadt wieder durch die Бранденбургские ворота (Brandenburger Tor), um auf die A 194/E28 (einstige Reichsstrasse 1) zur Grenze nach Polen zu fahren.....


Wie im Jahre 2006, legte ich auch diesmal in der von Markgraf Otto III. von Brandenburg für den Deutschen Ritterorden im Jahre 1266  errichteten Brandenburg am Frischen Haff (heute: Ушаково) eine kurze Pause ein. An der Frisching-Mündung erbaut diente ab 1275 in Stein ausgebaute Feste einst zur Überwachung des Schiffsverkehrs nach Königsberg. Nachdem sie von 1266 bis 1499  als Sitz eines Ordenskomtur  diente, brannte sie 1520 aus und wurde nach ihrer Wiederherstellung zwischen 1525 bis 1752 von einem Amtshauptmann als Sitz genutzt. . Danach verfiel das einstmals stattliche Schloss und wurde nach 1776 schließlich abgetragen.  Im Schutz der Burg hatte sich eine Lischke  (von prußisch liscis = Lager) entwickelt, die 1513 ihre Handfeste erhielten und sich als Brandenburg zu einem Marktflecken mit einem einen kleinen Hafen entwickeln sollte. 
Etwa vier vor dem Grenzübergang Мамоново (Heiligenbeil) wurde ich durch einem Wegweiser auf das nur 10 Kilometer von der A 194 abgelegene Бальга/Balga (prußisch balgnan = Sattel) aufmerksam gemacht. timediver® konnte sich daran erinnern, dass hier die Kreuzritter ihre erste Eroberungsschlacht geschlagen hatten und - einer bitteren Ironie des Geschichte folgend - zu Beginn des Jahres 1945 die letzte Deutschen vor der herannahenden Roten Armee auf das zugefrorene Frische Haff Richtung Westen geflohen waren. Tausende der Flüchtlinge fanden damals im Feuer sowjetischer Tiefflieger oder unter dem der einbrechenden Eisschicht in eisiger Kälte den Tod. Die asphaltierte Straße wandelte sich zunächst in eine hohle Gasse mit Kopfsteinpflaster (Foto rechts), dann in eine kilometerlange Schlaglochpiste....


...an deren Ende mich diese freundliche Begrüßen erwartete (Foto links).  Oberhalb des weißen, feinsandigen Strandes bietet sich ein Blick über das Frische Haff/Калининградский/Zalew Wiślany, welches einstmals aufgrund seiner aus Friesland stammenden deutschen Siedler als Friesisches Haff bezeichnet worden war. Erst im Laufe der Zeit sollte sich diese  Bezeichnung über Fries’sches Haff  zu Frisches Haff wandeln.


Bereits 1238 war Markgraf Heinrich von Meißen mit zwei Schiffsmannschaften an der Eroberung der prußische Burg Balga gescheitert. Nach einer erneuten Schlacht  konnte sie vom  Marschall des Deutschen Ritterordens, Dietrich von Bernheim, eingenommen und mit Hilfe des Herzog Ottos von Braunschweig auch gehalten werden. Als älteste Steinburg des Ordens auf dem Gebiet der heutigen Kaliningradskaya Oblast war von 1250 bis 1499 der Sitz des Komturs der Kommende Balga und eines Ordenskonvents. Wie  die Brandenburg, spielte auch auch das als Wuntenowe (von prußisch undan, wundan = am Wasser) bezeichnete Balga, aufgrund seiner direkten Lage am Frischen Haff eine wichtige Rolle zur Kontrolle des Schiffsverkehrs. Die Kommende Balga grenzte in älterer Zeit an den Gau Barten. Von der Honeda, der deutschen Bezeichnung Balgas, aus eroberte der Deutsche Ritterorden die prußischen Stammesgebiete Warmia und Natangen. Der Verfall der Burg setzte bereits Mitte des 16. Jahrhunderts ein.
Der schwedische König Gustav II. Adolf nutzte die Burg im Ersten Schwedenkrieg ab 1626 als Magazin. Um Baumaterial für die Feste Pillau zu beschaffen, wurden Teile der Burg ab 1627 abgebrochen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war das Haupthaus bis auf Reste des Fundaments abgetragen. Zur Burg gehörten die kleine Ortschaft Balga und ein Gut auf dem Pferde-, Vieh- und Schaftzucht betrieben worden war. Hieraus entstand eine Domäne, die 1849 an die Familie v. Glasow verkauft und bis 1945 als Rittergut in deren Besitz blieb. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs war Balga im März 1945 der letzte Brückenkopf der sich zurückziehenden deutschen Heereseinheiten am östlichen Haffufer. Der 1906 von 850 Menschen bewohnte Ort liegt heute in einer überwucherten Wildnis, in deren Gestrüpp ich dieses 'Checkboard' für die Landung einer Tupolew TU-134 finden (Foto rechts) konnte.....
 
Obwohl es auch das neue Wappen des Ortes vermuten lassen könnte, ist der deutsche Ortsname Heiligenbeil nicht auf ein Beil, sondern auf das prußische Wort für Sprache (bila) zurückführen. Auf einer Hauswand präsentiert sich Мамоново als Tor nach Russland (Foto links). Auch meine nunmehr vierte russische Paß- und Zollkontrolle verlief relativ schnell. Diesmal wollte es jedoch der polnische Zöllner ganz genau wissen....

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Kalisz / Kalisch

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