|
|
|
Das Kloster Tatev in der
Provinz Sjunik ist nach cirka 243 Kilometer und einer knapp dreistündigen
Fahrzeit von Yerewan aus zu erreichen. Da die auch Rückfahrt mindestens
weitere drei Stunden in Anspruch nehmen würde, empfiehlt sich den Besuch
des Klosters mit einer mehrtägigen Weiterfahrt in die
Republik Bergkarabach
zu verbinden. Die letzte Etappe nach Tatev besteht aus einer
schier endlosen Fahrt auf sich aufwärts windenden Serpentinen. Am Weg
liegt die Satani kamurdsch (Teufelsbrücke), wo sich der
Fluss Vorotan tosend in die Felsen geschnitten hat und schließlich
unterirdisch verschwindet. Oberhalb davon, wurde timediver® von vier
Russen zum Mitplanschen in einem der beiden kleinen, mit Thermalwasser
gefüllten Bassins eingeladen. Aufgrund meines vollgepackten Tagesprogramms
musste ich diese Einladung jedoch ablehnen.
Video
|
|
|
Seit dem 16. Oktober 2010 gibt
es jedoch auch einen einfacheren Weg, zum Kloster zu gelangen. Von Halidsor
aus führt die längste, in einer Sektion mit einem durchgehenden
Tragseil ausgeführte Pendelbahn der Welt über 5650 Metern nach
Tatev. Die Fahrt mit der von einer schweizerischen Firma gebauten Seilbahn
dauert etwa 12 Minuten und kosten umgerechnet etwa 4,5 Euro für
die einfache Strecke und 7 Euro für Hin- und Rückfahrt.
|
|
|
Das Kloster Tatev ist im 9.
Jahrhundert am Ort eines alten Heiligtums erbaut worden. Seine strategisch
vorteilhafte Position auf einem Bergvor- sprung, begrenzt durch
eine tiefe Flussschlucht mit einem steilem, felsigen Hang begünstigte
die Errichtung eines wehrhaften Verteidigungs- komplexes an dieser
Stelle. Für den Ursprung seines Namens gibt es mehrere Über- lieferungen.
Nach einer sei es nach Sankt Eustathius benannt worden, einem der
70 Schüler, die den Apostel Thaddäus nach Armenien begleiteten.
Eine andere Legende berichtet von einem Baumeister, der nicht mehr von der
Kuppel herabsteigen konnte und daher gerufen habe „Togh astvats indz ta-tev
“ (Möge Gott mir Flügel geben). Neben den Klöstern Sanahin
und Hagpat avancierte auch Kloster Tatev in den Jahren zwischen
1390 und 1453 zu einer anerkannten Universität, an der viele
wichtige armenische Theologen gelehrt und studiert hatten. Die Bergstation
der Seilbahn befindet sich links neben dem Kloster. Die alte Ölmühle
ist erst im 17. Jahrhundert, außerhalb der Klostermaueren erbaut worden
(Foto rechts).
Videoclip mit Panoramablick
|
|
|
Das als Bischofssitz bekannte
Tatev wurde im 12. Jahrhundert von den Seldschuken zerstört, jedoch
ein Jahrhundert später von der Fürstenfamilie Orbeljan wieder aufgebaut.
Nach einem Erdbeben 1931 konnte das Kloster in seinen wesentlichen Bauwerken
durch die Restaurierungsarbeiten der vergangenen 30 Jahre wieder hergestellt
werden. Der Mühlstein im inneren der Ölmühle (Foto links)
und der Nordeingang zum Kloster mit rundem Befestigungsturm und er dahinter
stehenden Portalkirche, der 1087 errichteten Surb Astvatsatsin (
Muttergotteskirche) im rechten Foto.
|
|
|
Das einstige Refektorium
(Speisesaal) und das Dormitorium (Schlafsaal), die zu den zahlreichen
Profangebäuden auf dem Klostergelände gehören.
|
|
|
Das größte und älteste
Gebäude ist die Surb Petros Poghos (Peter-und-Paul-Kirche), die
mit finanzieller unterstützung der Fürsten von Sjunikh zwischen
895 - 906 erbaut wurde. Die Kirche stellt einen fließenden
Übergang zwischen den gelängten Kreuzkuppelbauten des 7. Jahrhunderts
zu den ummantelten Bauten mit selbstständigen Eckräumen des
10. Jahrhunderts dar. Aufgrund dieser Charakteristiken wird die Kirche als
ein Zwischenstufe zur Entwicklung der Kuppelhalle in einen quergeflügelten
Kuppeltyp angesehen, der weite Verbreitung in Armenien finden sollte. Vor
dem Glockenturm ist ein Mönch der Armenischen Apostolischen Orthodoxen
Kirche zu sehen, die zu den vorchalcedonischen Orientalisch-orthodoxen
Kirchen oder Altorientalischen Kirchen gerechnet. Im Gegensatz
zum Zweinaturen-Dogma Christi, das auf dem Konzil von Chalcedon
im Jahre 451 festgelegt wurde, geht der (Miaphysitismus), dem
auch die armenische Kirche anhängt davon aus, dass Christus nur eine
göttliche Natur und keine menschliche Natur besessen habe.
|
|
|
Der Metallzaun vor der Apsis
zeigt Weinreben, Granatäpfel und zwei leuchtende Kreuze, die in
ihrer Form an Lilienkreuze erinnern lassen (Foto links). Die Kuppel
im Inneren des dreireihigen Glockenturms aus dem 17. Jahrhundert lässt
einen persisch-islamischen Einfluss nicht verleugnen.
|
|
|
An der Südwestseite der
Surb Petros Poghos stand einst eine dreigeschossige, üppig ornamentierte
Galerie, von der nur noch Blendarkaden und einige Pfeilstücke zu sehen
sind. Vor der einschiffigen Surb Grigor Lusavoritsch' (Kirche Gegors
des Erleuchteten) steht das Mausoleum von Grigor Tatevatsi (Foto links).
Gegenüber wurde 906 das wohl ungewöhnlichste Bauwerk im Osten
des Klosterhofes aufgestellt, die Gavazan oder Tschotschvogh sjun
(Dreifaltigkeitssäule). Die achteckige Säule verhält
sich aufgrund ihrer Bauweise nicht nur wie eine Metallkonstruktion, die sich
unter Witterungseinfluss dehnen kann und zusammenziehen kann, sie wackelt
auch und wird daher als schaukelnde Säule bezeichnet (Foto rechts).
|
|
|
Das Mausoleum Grigor Tatevatsi
s, eines armenischen Gelehrten und Heiligen, der im Jahre 1371 in Jerusalem
zum Priester geweiht wurde und fast sein gesamtes Leben im Kloster Tatev
an der Universität verbrachte (Foto links). Die Umrandungen der Kreuzfenster
lassen an die vereinfachte Darstellung zweier menschlicher Körper, im
oberen Bereich aber auch an Schlangen erinnern, die von den Armenier als
Beschützer angesehen wurden.
|
|
|
Links von der Dreieinigkeitssäule
gelangt man in ein weiteres Profangebäude mit einer Vielzahl kleiner
Zellen (Foto links), aus denen sich hervorragende Panoramablicke auf die
sagenhafte Gebirgslandschaft eröffnen (Foto rechts).
|
|
|
Größere Räume
(Foto links) gibt es jedoch im Gebäude, das einst als Bischofsresidenz
diente (Foto rechts).
|
|
|
Die persönliche Kapelle
des Bischofs mit Nischen für Heiligenbilder, Kerzen, Kreuze usw. (Foto
links) Die Türschnitzerei zeigt zwei ineinander verschlungene
Vierecke, wobei die vier Anordnungen des inneren Vierecks ein Kruckenkreuz
entstehen lassen. Das Ornament erinnert timdediver®
an ähnliche aus dem maghrebinisch-andalusischen Kulturkreis, die ich
in Spanien und Nordafrika gesehen habe.
|
|
|
|
Der Glockenturm aus dem
17. Jahrhundert dient gleichzeitig als vorraum zur Surb Petros Poghos
(Foto links). Eine Bronzeglocke mit Buchstaben des armenischen Alphabets
(Foto Mitte) und die Surb Astvatsatsin (Muttergotteskirche),
die als älteste und damit erste Vertreterin einer Portalkirche
im Jahre 1087 auf das Nordtor des Klosters gesetzt wurde. Ihr Untergrund
ist ein überwölbter Raum mit Apside, vermutlich eine Gruft. Die
Kirche selbst ist eine einschiffige Kuppelkirche, mit einem außerordentlich
hohen achteckigen Tambour und einem Schirmdach. Der Tambour wird von
feinen Bögen auf grazilen Doppelsäulen umrundet (Foto rechts).
|
|
|
|
Das runde Zentrum des kunstvollen
Schnitzwerkes zeigt sowohl ein Kreuz, als auch ein Tatzenkreuz und
ein Sonnenrad. Es wird gesäumt von zwei gewundenen Fabelwesen
(Schlangen oder Drachen) und zwei großschnäbeligen Vögeln
(Foto links). Die Bergstation der Seilbahn (Foto rechts).
|
|
|
Sehr empfehlenswert ist die
Talfahrt mit der Seilbahn, bietet sie doch unvergessene Aussichten (Foto
links). Der Chauffeur muss allerdings bereits 30 Minuten früher am Kloster
Tatev losfahren, damit er den Reisenden an der Bodenstation (Foto rechts)
wieder in Empfang nehmen kann.
Videoclip
|
|
|
Mein Fahrer sprach immer von
India, wenn armenische Cowboys ihr Vieh über die Strasse
trieben. Videoclip:
Chndzoresk Höhlensystem
|
timediver®'s Fotoseiten
|
|
|
|