• Letzte Aktualisierung: 11.10.2013

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T r o j a

Ilion / Wiluša / Truva



Zwischen dem 19. Februar 1915 bis 9. Januar 1916 tobte auf der Halbinsel Gallipoli (grie. Chersonisos tis Kallipolis/türk.Gelibolu Yarımadasıeine) eine der größten Schlachten des Ersten Weltkrieges. Mit einer konzertierten Aktion versuchte die Entente die Halbinsel besetzen und sie als Ausgangsbasis für die Eroberung der osmanischen Hauptstadt Istanbul nutzen. Das Scheitern dieser Operation (rote Pfeile) kostete beiden Seiten zusammen insgesamt schätzungsweise 100.000 Tote und 250.000 Verwundete), was fast der Hälfte von allen eingesetzten entspricht. Der australische Kriegsfilm Gallipoli des Regisseurs Peter Weir mit Mel Gibson in einer der Hauptrollen (1981) schildert die Ereignisse aus der Sicht des Australian and New Zealand Army Corps (ANZAC), welches mit mehr als zwei Divisionen an der Schlacht beteiligt war. Auf osmanischer Seite tat sich als Befehlshaber besonders der 34jährige Mustafa Kemal Bey, später Ata Türk genannt, hervor, der die Çanakkale Savaşı zum heldenhaften Nationalmythos der Türkei werden ließ.


Die Europa von Asien trennende Meeresenge der Dardanellen, im Altertum Hellespont genannt, war in der Geschichte stets von besonderer Bedeutung. Während er von den Persern von Ost nach West (dunkelgrüner Pfeil) überquert wurde, nutzten ihn sowohl Alexander der Große als auch Kaiser Friedrich I. Barbarossa auf dem Dritten Kreuzzug, um nach Kleinasien zu gelangen (hellgrüner Pfeil).



Von den türkischen und alliierten Denkmäler für die Gefallenen ist das Çanakkale Şehitleri Anıtıim im Gelibolu Yarımadası (Historischen Nationalpark) in der Morto Bay am Südende der Halbinsel das monumentalste.


Der persische Großkönig Xerxes ließ 480 v. Chr. auf seinem Feldzug nach Griechenland aus fünfzigruderigen Galeeren, die an Bug und Heck miteinander vertäut und mit mit Planken verbunden waren, eine Brücke errichten. Nachdem ein Sturm die erste Brücke zerstört hatte ließ Xerxes, dem Bericht Herodots zufolge, den Hellespont mit dreihundert Geißelhiebe züchtigen. Heute kann man mit die Dardanellen mit drei Fährverbindungen überqueren: Gelibolu – Lapseki (Foto links), Ecebat – Canakkale und Kilidibahir – Canakkale.  Die Requisite (Foto rechst) aus dem US-amerikanischer SpielfilmTroja des deutschen Regisseurs Wolfgang Petersen mit Brad Pitt und Diane Kruger (2004) wurde am Ufer der Provinzhauptstadt Çanakkale aufgestellt.
Die in der antiken Landschaft Troas bei Dalyan Köyü gelegene Ausgrabungsstätte liegt ca. 61 Kilometer südwestlich von Çanakkale und ist von dort in 65 Minuten zu erreichen. Der Hisarlik (Burghügel) von Troja birgt jedoch nicht nur die von Homer in seinen Epen Illias und Odyssee beschriebene sagenhafte Stadt des „Trojanischen Krieges“, sondern insgesamt 10 Siedlungsschichten (Troja I bis Troja X), die wiederum in über 40 Feinschichten unterteilt werden: Troja I (2950–2550 v. Chr.) und II (2550–2200) der Frühen, Troja III bis V (2200–1700) der Mittleren, Troja VI bis VIIa (1700–1200) der Späten Bronzezeit und Troja VIIb (1200–1000) der Frühen Eisenzeit an. Troja VIII und IX datieren in die Zeit vom 8. Jahrhundert v. Chr. bis in die römische Zeit, Troja X, ein byzantinischer Bischofssitz, reicht bis ins frühe Mittelalter.
Der Mauerturm von Troja VI (Foto links) und die Ostmauer (Troja VIII/IX), die einst den äußeren Schutzwall im Frühmittelalter bildete (Foto rechts).
An der bis zu vier Meter hohen geböschten Ostmauer entlang (grüner Pfeil) gelangt man zur einstigen Nordbastion von Troja VI., das man sich wie auf der Abbildung oben rechts vorstellen kann.
Die Reste des gepflasteren Weges (Foto links) liegen oberhalb der Nordbastion und gehören zur frühmittelalterlichen Siedlungsschicht von Troja XIII/IX.  Nach wenigen Metern erreicht man den einstigen Tempel der Athena, dessen Anfänge in die archaische Zeit zurückreichen. Der persische Großkönig Xerxes brachte hier im Jahre 480 v. Chr. vor der Seeschlacht von Salamis ein Opfer dar.  Für die Plattform, des unter Lysimachos (361/360 - 281 v. Chr) und erneut unter dem römischen Kaiser Augustus erneuerten heiligtums, wurde der Residenzbereich von Troja VI und VII komplett abgetragen. Durch die Ausgrabungsarbeiten Heinrich Schliemanns (1822 - 1890) und weitere Dilettantismen wurde wiederum große Teile dieser Bausubstanz zerstört. Die Steine mit den Kassetten (Foto rechts) ....


....und die den Pflanzen-, bzw. Tiermustern sind letzte Zeugen des einstigen Athena-Tempels.  Die rekonstruierte Mauer von Troja I (Foto rechts).
Unter einem Zelt oberhalb der Mauer befinden sich die aus Lehmziegeln errichteten und rekonstruierten Türme, Burgmauern......

...und Residenzhäuser von Troja II./III...  Mauer und Türme von oben (Foto links) und der Seite (Foto rechts) aus gesehen).
Bereits die ältesten Residenzhäuser entsprachen mit ihrer flachdachgedeckten länglichen Halle und einer offenen Vorhalle bereits dem Megaron, aus dem sich der spätere Anten- und auch größere Tempel entwickeln sollten. Um die Grabungen herum gelangt man wieder an die Mauer von Troja I (Foto rechts).
Der Querschnitt durch den Hisarlik (Foto links) und eine Stelle an der die einzelnen Schichten markiert wurden (Foto rechts). Troja (türk.: Truva) wurde von seinen Bewohnern als Ilios oder Ilion, von den Hethitern als Wilusa bezeichnet.
Der bis zu 15 Meter tiefe Zugschnitt, den Schliemann 1893 ohne Rücksicht auf Verluste durch die Schichten von Troja I. und II. anlegen ließ (Schliemanngraben; Foto links) führte schließlich am  31. Mai  1873 zum Auffinden eines Schatzes. Schliemann, der an der Fundstelle das "Skäische Tor" Homers vermutete hatte, jedoch nicht wie er glaubte, den Schatz des Priamos entdeckt. Die Artefakte (Foto rechts) stammen vielmehr aus einer Zeit, die 1500 Jahre vor dem "Trojanischen Krieg" lag, der angeblich zwischen dem 13. und 12. vorchristlichen Jahrhundert stattgefunden hatte.  Schliemann schmuggelte seinen Fund an den Osmanischen Behörden vorbei nach Deutschland, wo er ihn 1981 dem "Deutschen Volk zum Geschenk" machte.  Von der Roten Armee wurde der Schatz 1945 als Beutekunst in die Sowjetunion gebracht. Bis heute streiten Russland, Deutschland und die Türkei darum, wer der rechtmäßige Eigentümer der Preziosen sei. Daneben streiten sich die in zwei Lager gespalteten Historiker darüber, ob die Sage vom Trojanischen Krieg einen historischen Kern besitzt. Von den Befürwortern werden die Zerstörungsspuren an den Fundamenten von Troja VI als Zeugnis von Homers  Schilderungen ins Feld geführt.
Neben dem Schliemanngraben führt eine gepflasterte, 21 Meter langen Rampe zum einstigen Palast Troja VI hinauf.
Südlich der Rampe findet man die Mauern des Hauses VI M (Foto links), in dem man ein Vorratslager (Foto rechts) des Palastes Troja VI vermutete.
Weiter südlich davon gelangt man zu den Resten einer Siedlung von Troja VIII/IX  (im linken Bild rechts und Foto links)...
...an die sich ein, im 8. Jahrhundert angelegter Heiliger Bezirk mit zwei Tempeln (im linken Bild oben links) anschloß und dessen Altar (grünes A) bis in die römische Zeit hinein benutzt wurde.
Das Südtor von Troja VI, an dem in römischer Zeit ein gepflasteter Torweg (Foto links) zum Propylon des Athena-Temples führte, wurde einst von einem dreistöckigen Turm flankiert (Foto rechts).
Bevor der Rundgang durch die Ausgrabungsstätte endet, kommt man noch am den Ruinen eines Bouleuerions (Versammlungshauses) und Odeions (Theaters) von Troja VIII./IX.. vorbei (Foto links). Im Pithoi-Garten wurden antike Wasserleitungen und Vorratsgefäße platziert (Foto rechts).
Neben den luwischen Hieroglyphen auf dem 1995 gefundenen, bikonvexen Bronzesiegel  (Foto links und unten rechts) aus der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts v. Chr., das einen realen Bezug zu den Hethitern herstellt,
....bedient das 40 Jahre alte Holzpferd am Eingang zur Anlage alleine die Phantasie unzähliger Touristen aus aller Welt, die sich aus dessen Fenstern blickend fotografieren lassen. 
timediver®'s abschließende Bemerkung zur Besichtigung von Troja:
„Da gibt es doch außer dem Holzpferd nichts zu sehen“ oder „das ist doch nichts“ lauteten die Kommentare der meisten Touristen, die mit den Vorstellungen Homers und Hollywoods die Grabungsstätte besichtigt haben. Sicherlich gibt es keine (rekonstruierten) Monumentalbauten, wie z.B. in Ephesos oder Pergamon, aber Troja ist ein abschreckendes Beispiel dafür, wie schatz- und sensationslüsterne Abenteuer à la Heinrich Schliemann rücksichtslos zum Erreichen ihrer Visionen vorgegangen sind. Als positiv zu bewerten ist, dass man anders als beispielsweise beim Palast von Knossos auf Kreta nicht versucht hat, die Bedürfnisse der großen touristischen Scharen archäologischer Laien mittels Spannbetonkonstruktionen, Wandmalereien o. ä. zu befriedigen. Insofern bleibt der Hisarlik eine archäologisch wertvolle und beeindruckende Stätte, die allemal einen Besuch wert ist.
Die Grabungslizenz der Universität Tübingen in dem 1996 zum Nationalpark und 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Troja lief zum Jahresende 2012 aus. Danach wurde mit dem in Tübingen promovierten Prof. Dr. Ali Rüstem Aslan ein neuer Grabungsleiter bestellt. Von dem Balkon meines Hotelzimmers am fünf Kilometer südlich von Ayvalik gelegenen Sarımsaklı (Knoblauchstrand) bot sich ein Blick zur griechischen Insel Lesbos 

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