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  • Letzte Aktualisierung: 13.02.2013

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Lalibela / Neu-Jerusalem
früher Roha genannt  / amharisch: ላሊበላ  

 


Prolog

Der in Tyrus, im heutigen Libanon geborene Frumentius (verst. um 383) und sein Bruder Aedesius gelangten im Kindesalter als Sklaven nach Axum. Die Jungen erwarben das Vertrauen des Königs Ousanas, der Aedesius als Mundschenk und Frumentius als Schatzmeister einsetzte. Vor seinem Tod schenkte Ousanas den beiden ihre Freiheit und Frumentius wurde Hauslehrer des Thronfolgers Ezana. Nachdem Frumentius  zuerst die Königsfamilie vom orthodoxen Christentum überzeugen konnte, führte es König Ezana um das Jahr 345 als Staatsreligion ein. Nach Armenien (316) und Georgien (327) war das axumitische Reich in Nordäthiopien nunmehr der dritte christliche Staat in der Weltgeschichte. Die Äthiopier nannten Frumentius Abuna (unser Vater) und Abba Salama (Vater des Friedens). Beide Bezeichnungen wurden zu traditionellen Titel des Patriarchen der Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche , dessen Sitz noch heute die Stadt Axum ist.
Die Bezeichnung Tewahedo (arab. Tauhid) bezieht sich auf die Vereinigung der zwei Naturen in Christus, der göttlichen und menschlichen. Die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche gehört mit der Armenischen Apostolischen Kirche, der Indisch-Orthodoxen Kirche, der Koptischen Kirche, der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien mit ihrem indischen Teil der Malankara Syrisch-Orthodoxen Kirche und der Unabhängigen Syrische Kirche von Malabar (Thomaschristen) zu den Altorientalischen Kirchen, die sich nach dem Konzil von Chalcedon (451) von der herrschenden Orthodoxie (Zweinaturenlehre Christi) abgespalten haben. Während sich ab dem 7. Jahrhundert für die Anti-Chalcedonier der verunglimpfende Begriff Monophysiten eingebürgert hat, bezeichnen sie sich selbst als Miaphysiten und bekunden damit, dass in Christus das Göttliche und das Menschliche eine Natur bilden, vereint ohne Vermischung, ohne Trennung, ohne Durcheinander und ohne Wechsel. Die Miaphysiten, zu denen nach Erlangung der Unabhängigkeit von Äthiopien noch die Eritreisch-Orthodoxen Tewahedo-Kirche hinzukam, erkennen mit dem ersten Konzil von Nicäa (325), dem ersten Konzil von Konstantinopel (381) und dem Konzil von Ephesos, (431) nur drei als ökumenische an. 
Mit der Ausbreitung des Islams in der nord-äthiopischen Küstenregion begann ab dem 7. Jahrhundert der Niedergang der Niedergang des Königreiches von Axum, dessen Hauptstadt zu Beginn des 10. Jh. vermutlich vom Heer einer jüdischen Königin namens Judith zerstört wurde. Dass Überleben des äthiopischen Christentums wird damit erklärt, dass der aksumitische König die Anhänger Mohammeds während der Hedschra beschützt hatte und die Äthiopier daher von der weiteren gewaltsamen Ausbreitung des Islams verschont worden seien.


Mit dem Niedergang des axumitischen Reiches schuf die kuschitische Zagwe-Dynastie (Dynastie der Agau) von ihrer Hauptstadt Roha aus ein neues christliches Reich, welches große Teile Äthiopiens bis 1270 beherrschen sollte. Ihr wohl bekanntester  Herrscher war Gebra Maskal Lalibela (äthiop. ገብረ መስቀል ላሊበላ, auch einfach nur Lalibela (Honigesser), ላሊበላ) der zwischen den Jahren 1189 bis 1229 als Negus Negest geherrscht haben soll. Ihm zu Ehren wurde Roha in Lalibela umbenannt. Die Felsenkirchen von Lalibela werden in eine westliche und eine östliche Gruppe eingeteilt. Die Bet Medhane Alem (Haus des Welterlösers) steht am Beginn des westlichen Komplexes. Die Felsenkirchen von Lalibela wurden bereits 1978 in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen.


Die auf einem hohen Felssockel (Foto links) stehende Kirch eist 33,5 Meter lang, 23,5 Meter breit und 11 Meter hoch. Die Architektur der äußeren gestaltung ist eine Reminiszenz an die älteste Kirche von Axum, die jedoch im 16. Jahrhundert von den Truppen des muslimischen Herrschers Ahmad ibn Ibrahim al-Ghazi (1506 - 1543) zerstört werden sollte. Hierzu gehören auch die aus dem Tür- Fensterbereich...


.....herausragenden Balkenenden, die als "Affenköpfe" bezeichnet werden.


Der Bereich hinter dem Vorhang, der nur von Priestern und Diakonen betreten werden darf, birgt wie jedes Allerheiligste äthiopischer Kirchen eine Kopie der Bundeslade (Talbot). Den Zweck der beiden in den Stein gehauenen Gruben (Foto rechts) konnte timediver® nicht ergründen.


Die wuchtige Decke der Bet Medhane Alem (Foto links) Die Bet Maryam/Marienkirche (Foto rechts) wurde von Frauen aufgesucht, die nicht schwanger wurden und deshalb hier während einer religiösen Zeremonie in ein mit heiligem Wasser gefülltes Becken (Foto unten rechts), um fruchtbar und empfängnisbereit zu werden.


Die Fenster der Marienkirche weisen neben den axumitischen "Affenköpfen" auch Sauwastiken (rechtsdrehende Hakenkreuze) auf (Foto links).


Unmittelbar gegenüber der Marienkirche befinden sich die Bet Maskal (Kleine Kreuzkapelle) und die unscheinbare Bet Denagel (Jungfrauenkapelle), wo mehrere lebensgroße Ikonen aufgestellt wurden (Foto rechts).


Bereits in ihrem Äußeren unterscheidet sich die 15 x 11 x 10 Meter große Marienkirche deutlich von den benachbarten Sakralbauten. In ihrem Inneren ist sie wie eine Basilka durch zwei Säulenreihen in drei Schiffe unterteilt. Laut Überlieferung gehen die prächtigen Malereien auf Ras Zara Yakob (1399 - 1468) zurück. Neben Heiligen zeigen die Malereien Davidsterne, Sonnenscheiben, Doppeladler nach byzantinischer Darstellungsart und einheimische Tiere.


Die nunmehr verhüllte Amda Bihan (Säule des Lichts) ist nach einer äthiopischen Legende dort stehen geblieben, wo in einem Traum König Lalibelas der Felsen von Gott persönlich berührt worden sein soll. 




Ein Holztür mit einfachem Verschlussmechanismus (Foto links). Am westlichen Vorbau der Marienkirche befindet sich ein Relief zweier Berittener, die mit ihren Speeren nicht mehr erkennbare Tiere töten. Hinter dem ersten Reiter ist noch ein Raubvogel zu erkennen (Foto rechts).


Auch die aus dem Felsen herausgearbeiteten "Säulenkapitelle" der Marienkirche sind beeindruckend.


Die Marienkirche kann aufgrund ihrer inneren Ausgestaltung als schönste Kirche Lalibelas bezeichnet werden (Foto links). Die Bet Debre Sina (Berg-Sinai-Kirche) und die Bet Golgata (Golgatha-Kirche) bilden eine Doppelkirche.....


....von der die letztgenannte nur von Männern betreten werden darf! Ein kleiner Steg führt über einen in Stein gehauenen Gang (Foto rechts) ...


...zur Bet Uraiel (Foto links), die dem Erzengel Uriel geweiht ist. Während nach dem christlich-äthiopischen Glauben Uriel (Licht Gottes) die Verstorbenen zum Jüngsten Gericht führt, wurde er im westlichen Christentum nicht kanonisiert. Ein Schild weist den Weg  zum symbolischen Grab Adamas (Foto rechts).



Für ein kleines Trinkgeld lässt sich der Priester der Bet Uraiel gerne mit seinem Kreuz und seiner Sonnenbrille auch mit Blitzlicht fotografieren (Foto links). Sowohl in die Kreuzigungsszene als auch in die Kopfbedeckung des Würdenträgers (Foto rechts) wurden die äthiopischen Nationalfarben (grün-gelb-rot) eingearbeitet.


Das Grab Adams (Foto links) dient als südlicher Ein- und Ausgang zum westlichen Kirchenkomplex.


Die auf noch dem Gelände des westlichen Kirchenkomplexes stehenden, zweigeschossigen Tukuls (Foto links) mussten vor einigen Jahren aus denkmalpflegerischen Gründen von ihren Bewohnern geräumt werden. Die Bewohner wurden dafür in extra neu errichteten Häusern untergebracht. Mit der Doppelkirche Bet Gabriel und Bet Raphael beginnt die Besichtigung der östlichen Gruppe der Felsenkirchen von Lalibela (Foto rechts).


Diese Felsbauten waren mit hoher Wahrscheinlichkeit der versteckte Herrschersitz der Zagwe-Könige, die sich hier vor den Nachstellen der Nachkommen der salomonischen Linie sicher fühlen konnten. Die Behausungen waren durch tiefe Gräben zusätzlich geschützt.  Die einzelnen Felsbauten waren durch ein System von Gängen und Tunneln miteinander verbunden.  Ein Großteil der bauten wurde im Laufe der Zeit zerstört oder ist einsturzgefährdet.


Auch bei längeren Belagerungen war die Wasserversorgung durch Zisternen, wie jene deren runde Öffnungen im Foto links zu sehen sind, gesichert. Die Bauten blieben nach dem Sturz der Zagwe-Dynastie (1270) zunächst unbenutzt, wurden später jedoch von den örtlichen Priestern als Kirchen geweiht.



Videoclips Timkat-Fest 2013:            Bet Raphael-Gabriel            Bet Raphael-Gabriel Tabot/Bundelade



Die Bet Lehm Kirche (Haus des Brotes)  wird von einem Dach auf einem provisorisch anmutenden Gerüst gestützt.


Das Innere der stark verwitterten Bet Lehem (Foto links) und ein kreuzförmiges Taufbecken (Foto rechts).


Zwei der zahlenlosen Tunnel und Durchgänge, welche die einzelnen Felsenbauten mit unterirdisch miteinander verbinden.


Eine mehrere Jahrhunderte alte Holztür (Foto links) und  ein Blick auf das obere Lalibela.


Die nördlich der Bet Lehem aus dem Stein gehauene Bet Emmanuel  (Foto links) war im Gegensatz zu den bisher genannten Kirchen des östlichen Komplexes von Anfang an als Gotteshaus gedacht, der sehr an die westliche Gruppe der Kirchen erinnern lässt. Das charakteristische architektonische Element der Emmanuel-Kirche ist ihre Bänderung an der Außenseite, die über drei Fensterreihen verfügt. Während die innere Gliederung der Kirche einer  dreischiffen Basilika entspricht, weisen die Fenster der unteren und oberen Reihe die axumitischen "Äffenköpfe" vor. Die Bet Abba Libanos (Haus des Vaters Libanos) ist ein halbmonolithischer Bau, dessen dach noch mit dem Felsen verbunden blieb. Die Kirche ist dem Hl. Abba Libanos gewidmet, der zu den neun Heiligen der äthiopischen Kirche gehört (Foto rechts).

Videoclip: Bet Emmanuel



Die wohl bekannte Felsenkirche Lalibelas ist die abseits der beiden Gruppen stehende Bet Kiddus Georgiys (Haus des heiligen Georg).


Es wird angenommen, das die in Form eines griechischen Kreuzes aus dem Felsen herausgeschlagene Kirche, die jüngste der elf Felsenkirchen von Lalibela ist. Der Kirchhof ist über einen in den felsen gehauenen Gang an der Südseite zu erreichen. Die Fassade der 12 Meter hohen Kirche ist durch Bänder in vier "Stockwerke" unterteilt. In der untersten Ebene auf der Westseite befinden sich drei Türen.


Die Türen der Bet Kiddus Georgiys weisen die axumitischen "Affenköpfe " auf. In einer Ecke des Kirchhofes befindet sich der symbolische Berg Tabor (nicht Ararat!), auf den nach äthiopischer Überlieferung die Arche Noah wieder geländet sei (Foto rechts).



Für einen kleinen Obulus lässt sich der Priester mit seinem sonst versteckt gehaltenen Gondar-Kreuz (Foto links) und Lalibela-Kreuz (Foto rechts) gerne fotografieren. Die Fenster im Erdgeschoss der Kirche wurden wegen der Gefahr eines Wassereinbruchs (in der Regenzeit) zugemauert (Foto Mitte).


Hinter dem Drachen, der vom Heiligen georg getötet wird (Foto rechts) steckt natürlich der Teufel (Foto links).


Verschieden Arten äthiopischer Bestattungen. Mumifizierung in einem Felsengrab (Foto links) und ein Friedhof mit oberirdischen Steinsarkophagen.


Timkat (ጥምቀት = "Taufe") ist das alljährlich am 19. Januar begangene Fest der Taufe Jesu im Jordan und der Epiphanie. Während der Feierlichkeiten wird aus jeder Kirche die Nachbildung der Bundeslade (Tabot) in kunstvoll verzierte Tücher gewickelt und von einem Priestern in einer Prozessionen auf dem Kopf in ein Zelt getragen. Die eigentliche Timkat-Zeremonie beginnt – wie timediver® mit eigenen Ohren in Lalibela hören konnte -  gegen zwei Uhr früh mit liturgischen Gesängen Bei Sonnenaufgang gg. 06:30 Uhr wird das Wasser gesegnet und auf die Teilnehmer der Zeremonie gesprenkelt.


Einige von ihnen steigen in das Wasser und tauchen darin unter, wobei sie symbolisch ihr Taufversprechen erneuern. Mit Ausnahme des Tabots aus der jeweiligen Kirche, die dem Erzengel Michael werden alle Bundesladen gegen Mittag erneut in Prozessionen wieder in ihre Kirchen zurückgebracht. Die im verbliebenen Gesetzestafeln des Erzengel Michael werden erst am nächsten Tag feierlich in ihre Kirche zurückgeführt.


Die passende Wäscherei (Foto links) für den nicht abreißenden Pilgerstrom (Foto rechts).

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