• Letzte Aktualisierung: 06.09.2011

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N O R M A N D I E

Mont Saint-Michel
                     



Die Inselfestung überragt eine 40.000 Hektar große Bucht, die sich zum Ärmelkanal hin öffnet. Der 80 Meter über die Bucht ragende St Mont-Michel
hat einen Umfang von ca. 900 Metern  und kann zur Zeit noch über einen 2 Kilometer langen Damm erreicht werden. Jährlich zählt er über
3 Millionen Besucher. In dem am Fuße der Abtei gelegenen Dorf drängeln sich die Touristen um sogenannte Attraktionen, so dass man möglichst schnell nach oben fliehen sollte. Der Legende nach wurde die Abtei im 8. Jahrhundert von Saint Aubert, dem Bischof von Avranches, gegründet, nachdem ihm der Erzengel Michael in einem Traum erscheinen war. Gemäß der Anweisung des Erzengels wurde die Kirche als Nachbildung des süditalienischen Heiligtums von Monte Gargano, wo Michael bereits imin er Grotte erschienen war, nachgebaut werden. Da Saint Aubert auf dem Mont-Tombe, St Mont Saint-Michel damals noch hieß, keine Höhle vorfand, ließ er eine relativ plumpe Kopie des italienischen Altarraumes erstellen.
Beide Fotos zeigen den Blick von der Landseite aus. La Tour Demi-Lune und La Tour Boucle an der Ostseite der Befestigungsmauer (Foto rechts).
 Die Parkplätze für Besucher befinden sich auf dem vor der Flut sicheren Damm und kosten 6.- Euro.


Von Saint Aubert  wurden zwei Geistliche zum Monte Gargano entsandt, die von dort das Fragment eines purpurnen Tuches, das der Erzengel zurückgelassen hatte und ein Stück des Marmorblockes auf dem er erscheinen war, als Reliquien mitbrachten. Durch zwölf Stiftsherren, die nun dauerhaft auf der Felseninsel lebten, wurde die Fortdauer der Michaelsverehrung gesichert. Die Wirren der Merowingerzeit  begünstigten diesen Kult, so dass immer mehr Gläubige den Felsen erklommen, um den Schutz des Erzengels zu erbitten. Durch die Wikingerüberfälle in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts wurden die Pilgerströme zwar gestört, kamen jedoch nicht vollständig zum Erliegen. Nach 911 erkannten die neuen Normannen- Herzöge den Wert des Wallfahrtsziels und stellten es unter ihren Schutz. Da der religiöse Eifer seiner Bewohner nachgelassen hatte, ließen sich auf Initiative von Herzog Richard III. dort im Jahre 966 einige Bendediktiner aus Fontenelle nieder. Von nun an war der Abtei eine lange Epoche des Friedens und des Wohlstands beschieden, nicht zuletzt dank der großzügigen Gaben der Pilger und des durch Schenkungen wachsenden Grundbesitzes.



Kaum anderswo in Europa herrschen derart große Gezeitenunterschiede wie in diesem Meeresbusen. Bei Springflut erreicht der Gezeitenhub einen Unterschied von bis zu 15 Metern . Danach zieht sich das Meer bis zu 20 Kilometer weit zurück und legt dadurch eine riesige Fläche feinen, grauen Sandes frei, ehe es erneut im dem rasanten Tempo eines galoppierenden Pferdes (Volksmund) wieder ansteigt. Aufgestellte Hinweisschilder waren vor den Gefahren des Meeres (Foto links). La Tour Gabriel ist an der Westseite gelegen (Bild Mitte). Ein steiler
Lastenaufzug
führt hoch zum einstigen Mönchsfriedhof und einstigen Gebeinhaus (Foto rechts).


Nach einem langen und ziemlich anstrengenden Aufstieg über die sich den Berg hinauf windende, gepflasterte Grande Rue und dem 350 Stufen zählenden Grand Degré erreicht man das Châtelet mit seinen vorspringenden Türmen. Von hier aus führt eine weitere steile Treppe, Gouffre (Abgrund) genannt zur Abtei hinauf. Die Scharen der Besucher haben sich mittlerweile infolge des Anblicks der Anstrengung und des geforderten Eintrittspreis von 9.- Euro plus 4,50 für einen empfehlenswerten Audioguide merklich gelichtet. Nur weniger als ein Drittel aller Besucher kann sich auch für eine Besichtigung des Highlights der bereits im Jahre 1979 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommenen Stätte entschließen.


Die spätgotische Citerne de l' Aumônerie, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts neben einem inzwischen zerstörten Gebäude errichtet wurde, wird an drei Seiten von Kleeblattbögen und einem mit Blattwerk verzierten Gesims geschmückt (Foto links). Hier verteilten die Mönche an Almosen an die Bedürftigen. Einer Laune der Natur in Gestalt des Flusses Couesnant (Foto rechts) und seinem mehrfach wechselden Lauf ist es zu verdanken, dass der Mont Saint-Michel der Normandie und nicht der angrenzenden Bretagne zugeschlagen wurde. Die Zahl der Mönche hatte sich bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts auf etwa 60 erhöht. Diese hatten ihre Abtei zunächst mit einer Kirche auf dem Gipfel des Felsens und tiefer gelegenen Gebäuden im romanischen Stil errichtet. Die geologischen Vorgaben machten eine horizontale Anordnung des Klosterkomplexes rund um einen Kreuzgang unmöglich. 1204 gelangte auch der Mt Saint-Michel in den Besitz der französischen Königs Philipp II. Augustus. Da seine bretonischen Verbündeten die romanische Abtei niederbrannten, zeigte sich der Monarch beim Wiederaufbau sehr großzügig.  Zwischen 1212 und 1218 wurde in Rekordzeit nördlich der Kirche La Merveille (Das Wunder) errichtet. Das dreigeschossige Gebäude beherbergte von unten nach oben die Aumônerie , einen Gästesaal und das Refektorium (Speisesaal) der Mönche. Die dreiteilige Abstufung des Gebäudes spiegelt die Gesellschaftsstruktur des Mittelalters in eine arbeitende, eine kriegsführende und eine betende Klasse wieder.


Durch die Aufmauerung der der West-Terrasse ist das ursprüngliche Ausmaß des Langhauses mit seinen ersten drei Gewölbefeldern, die im 18. Jahrhundert abbrannten und wegen Einsturzgefahr abgerissen werden mussten, zu erkennen (Foto rechts). Die zurückversetzte, heutige klassische Fassade stammt aus dem Jahre 1780 (Foto links).


La Tour Gabriel von oben (Foto links). Die vertikale Unterteilung der vier übrig gebliebenen südlichen Joche, des zur Amtszeit von Abt Ranulph (1060 - 1084) erbauten mittleren Kirchenschiffes, wird durch Halbsäulen unterstrichen, die unterhalb der Balkendecke enden. Die drei horizontalen Ebenen werden wiederum deutlich durch Gesimse begrenzt . Auf der untersten Ebene tragen von kleinen Säulen flankierte quadratische Pfeiler mächtige, schlichte Bögen mitdoppelter Säumung. Im mittleren Geschoss wurden in jedem Feld zwei durch eine kleine Säule getrennte Öffnungen erstellt, hinter denen Tribünen liegen. Darüber befinden sich große Fenster, der Bögen die Dynamik der großen Arkaden fortsetzten (Foto rechts).


Der Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert (Foto links). Die feinen Säulen mit ihren glatten Kapitellen aus englischem Muschelkalkstein wurden zum großen Teil im 19. Jahrhundert durch Nachbildungen aus rötlichem Puddingstein aus La Lucerne ersetzt (Foto rechts). Im Jahre 1420, während des Hundertjährigen Krieges lief Abt Robert Jolivet zu den Engländern über, denen es jedoch nicht gelang, die von nur 119 Rittern verteidigte Insel zu erobern. Nachdem 1450 wieder Frieden eingekehrt war, wurde mit dem Wiederaufbau des 1421 eingestürzten Chores die letzte große Baumaßnahme auf dem Mont Saint-Michel in Angriff genommen. Das nach dem Konkordat von Bologna 1516 im ganzen Benediktinerorden eingeführte Kommendesystem führte zu einer Lockerung der Klosterdisziplin. Die nun nicht mehr von den Mönchen gewählten, sondern von König eingesetzten Äbte betrachteten die Einkünfte der Abtei oftmals als ihr Eigentum. Sie residierten nicht mehr im Kloster, dessen Leitung sie einem Prior überließen.


Das Refektorium im obersten Stock ist zweifellos der schönste Saal der Merveille (Foto links). Ein lebensgroßes Kalksteinrelief zeigt die Gründungslegende des Mt Saint-Michel mit dem Erzengel und Saint Aubert, der am 18. Juni 725 verstarb (Foto rechts). 1591, zur Zeit der Religonskriege, versuchte Gabriel de Lorges, der Graf von Montgomery, mit einer Schar von etwa 100 Hugenotten, den Berg zu erobern. Erst mit der Ansiedlung von Mönchen der Kongregation von Saint-Maur im Jahre 1622 gelang es, eine geistliche und intellektuelle Erneuerung des Klosterlebens einzuleiten. Der neubeginn stagnierte jedoch Ende des 18. Jahrhunderts, als nur noch zehn Brüder in dem baufälligen Kloster lebten.


Im 19. Jahrhundert wurde der Gästesaal für das Refektorium gehalten (Foto rechts). Die beiden großen Kamine (Foto links) des Saals dienten der Zubereitung von Speisen, jedoch nicht für die Mönchsgemeinde, sondern für adelige und andere hochgestellte Pilger. Nachdem im Zuge der Französischen Revolution die Mönchsorden aufgelöst und der Kirchenbesitz zu Staatseigentum erklärt worden war, wurde die Abtei 1793 in ein Gefängnis umgewandelt. Die Nutzung zog die Gebäude zwar stark in Mitleidenschaft, verhinderte jedoch auch deren Zerstörung.


La Crypte des Gros Piliers wurde ab 1446 zur Abstützung des neuen gotischen Chors unter demselben erbaut.  Krypta und Chor haben den selben Grundriss mit einem Umgang, der strahlenförmig mit Kapellen umgeben ist. Zehn halbkreisförmig angeordnete, zylindrische Pfeiler mit fünf Metern Umfang stützen die Tragpfeiler des darüber liegenden Chors (Foto links). Im Zentrum des massiven Traktes stehen zwei schlankere Säulen (Foto rechts), die nur den Fußboden und den Hauptaltar des Chors auffangen.


Der dreireihige Pfeilerüberbau des alten Mönchsfriedhofes entstand im 11. Jahrhundert. Abt Robert de Torigni ließ hier im 1. Jahrhundert das Westjoch umbauen, um auf halber Höhe ein Beinhaus einzurichten. Das im zweiten Feld aufgebaute Rad wurde 1820 aufgestellt, um für die Gefängnisinsassen Nahrung nach oben zu ziehen. Es ist eine Nachbildung der Räder, die im Mittelalter als Lastenaufzug für Baumaterial dienten.
Erst mit einem kaiserlichen Erlaß Napoleons III. wurde das Gefängnis geschlossen und elf Jahre später unter die Verwaltung der Monuments Historiques gestellt zu werden. Diese Behörde ließ den gesamten Komplex renovieren und erlaubte, dass 1969 die Brüder und Schwestern der Gemeinschaft von Jerusalem einzogen, um einen Teil  der gebäude erneut als Kloster zu nutzen.


Von der Stephanuskapelle gelangt man auf die Nord-Süd-Treppe aus dem 11. Jahrhundert (Foto links). Der im zweiten Geschoss und damit auf der Ebene des Gästesaals gelegene Rittersaal aus dem 13. Jahrhundert vermittelt einen majestätischen Eindruck. Der Saal, auf dessen Gewölbe der Kreuzgang ruht, wird durch robuste Säulen in vier unterschiedliche Bereiche aufgeteilt. Die Gewölbebögen laufen spitz zu und das Relief ihrer Rippen ist prägnant. (Foto rechts).....


.....während markante Pflanzenmotive die gedrungen wirkenden Kapitelle schmücken (Foto links). Blick auf die Südfassade mit dem großen Fenster des Rittersaals und die drei darüber gelegenen Fenster des Kreuzganges (Foto rechts).

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