• Letzte Aktualisierung: 25.04.2011

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 H E S S E N

Marburg  Elisabethkirche

Eine rekonstruierte germanische Wehranlage


   
  



Ein Jahr nach dem Tode ihres Mannes des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen, der am 11. September 1227 auf dem Kreuzzug in Otranto/Apulien verstorben war, kam Elisabeth nach Marburg. Hier ließ sie ein , dem Heiligen Franziskus geweihtes Hospital erbauen. Innerhalb von drei Jahren hatte sie ihre Lebenskraft im leidenschaftlichen Dienst an Armen, Kranken und Alten verbraucht, so dass sie am 17. November 1231 verstarb und in der Franzikuskapelle beigesetzt wurde. Unter maßgeblicher Förderung der Landgrafen von Thüringen begann der Deutsche Orden am 14. August 1235  mit der Errichtung der Elisabethkirche. Sie wurde über dem Grabmal der Heiligen Elisabeth von Thüringen am Fuße des Marburger Schlossberges als Hallenkirche erbaut. Dieser erste rein gotische Kirchbau im deutschen Kulturgebiet sollte zu einem bedeutenden Wallfahrtsort des späten Mittelalters werden. Der Deutsche Orden hatte sich auf Weisung von Elisabeths Schwager, dem Landgrafen Konrad von Thüringen und Hochmeister des Ordens in Marburg niedergelassen. Auf sein Betreiben erfolgte die Heiligsprechung Elisabeths 1235, nur vier Jahre nach ihrem Tod. Die Erhebung ihrer Gebeine fand 1236 im Beisein des Stauferkaisers Friedrich II. statt.



Die Türen des Hauptportals im Westen (Bild links) stammen aus der Bauzeit der Kirche. Die Türklopfer weisen noch die romanische Form vor und die Eisenbeschläge mit dem Deutschordenskreuz waren ursprünglich vergoldet. Bei  ihrer Restaurierung im Jahre 1974 wurden die Türen in ihren ursprünglichen farben neu gestrichen. Vorbild für die Mariendarstellung im ursprünglich bemalten und vergoldeten Türbogenfeld  ist die Vierge dorée am Südportal der Kathedrale von Amiens. Während die Kirche 1283 geweiht wurde, zogen sich die Bauarbeiten an den beiden Türmen (Bild Mitte) noch ca. 50 Jahre hin. Die Steimetzarbeiten am Elisabeth-Mausoleum (Bild rechts) im Nordchor (Elisabethenchor) wurden in den Jahren 1280 bis 1290 ausgeführt. Die bekrönende Galerie aus Holz stammt jedoch aus dem 14. Jahrhundert und wurde im 19. Jahrhundert zu einem großen Teil restauriert.


Im Elisabethchor befanden sich unter der bronzenen Erinnerungstafel (Bild links)  zwischen 1946 und 1952 die Särge der preußischen Könige Friedrich Wilhelm I. und seines Sohnes Friedrich II. des Großen, bis sie auf Initiative von Louis Ferdinand von Preußen in die Kapelle der Burg Hohenzollern überführt wurden. Von dort wurden die Särge am 17. August 1991 nach Potsdam überführt, um in der dortigen Gruft ihre endgültige Ruhestätte zu finden. Bei  den Ausschachtungsarbeiten war man auf den Fußboden und Fundamente der Franziskuskapelle gestoßen, die hier vor der Elisabethkirche gestanden hatte. Das Tumbarelief (Bild rechts) im Elisabeth-Mausoleum stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Es vermittelt Details aus der Geschichte und Kultur des Mittelalters. Die vier kleinen Klagefiguren unterhalb der aufgebahrten Elisabeth sind nicht wie allgemein üblich fürstliche Persönlichkeiten, Bischöfe und Ritter, sondern Bettler und Krüppel. Die Jammergestalten sind Ausdruck der Nöte, unter denen die meisten Menschen des Mittelalters zu leben hatten. Ein Kranz mit den Farben Ungarns, wie er auch in der Kemenate Elisabeths auf der Wartburg zu finden ist, erinnert an ihre Herkunft. Ihr Vater König   II. András (1177 - 1237) hatte den Deutschen Orden 1211 ins Siebenbürgische Burzenland gerufen, um ihn dann auf Druck des Adels im Jahre 1225 wieder zu vertreiben.


Ebenfalls im Elisabethchor befinden sich der Katharinenaltar (Bild links) und der Elisabethaltar (Bild rechts). Die Wandmalereien in den beiden Nischen stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Bis 1931 wurden die Malereien durch zwei Schnitzaltare Ludwig Juppes aus den Jahren 1510/11 verdeckt, die sich nunmehr im südlichen Seitenschiff befinden.


Hinter dem Elisabeth-Mausoleum gelangt man über den Hohen Chor (Ostchor)  zum Elisabethschrein (Bild links) in der Sakristei. Der Schrein ist eine Lade aus Eichenholz, die mit feuervergoldeter, meist getriebener, zum Teil auch gegossener Kupfer- und Silberarbeit reich geschmückt wurde. Er wurde wohl nach einem Entwurf Bischof Konrads II. von Hildesheim zur Aufnahme der Reliquien Elisabeths zwischen 1235/49 hergestellt. Zunächst wurde er in Ost-West-Richtung auf dem Hochaltar aufgestellt. Nach der Errichtung des großen Retabel gelangte der Schrein um 1290 in die 10 Jahre zuvor angebaute Sakristei. Um dem Reliquienkult eine Ende zu bereiten ließ der reformierte Landgraf Philipp I. von Hessen "der Großmütige" im Jahre 1539 die Gebeine Elisabeths, soweit diese noch nicht längst weggegeben worden waren, entfernen. Heute befinden sich Reliquien im Wiener Elisabethkloster, im Stadtmuseum von Stockholm und in der slowakischen Stadt Košice.  1546 wurde der Elisabethschrein auf die Feste Ziegenhain gebracht. Bei seiner Rückkehr 1548 fehlten die ersten 65 Edelsteine. Jérôme Bonaparte ließ den Schrein 1810 in die Hauptstadt seines Königreiches Westfalen, Kassel, bringen, wo er bei einem Schlossbrand im Dezember 1811 sogar einige Stunden im Freien stand. Bei der Rückkehr fehlten 117 weitere Edelsteine (von 817), sowie einige wichtige Plastiken und Skulpturen. Nach einem Einbruchsdiebstahl im November 1920 konnten im darauf folgenden Jahr die meisten Steine zurückgebracht werden. 1931 wurde der Schrein renoviert. Der Lettner (Bild rechts) wurde 1343 nachträglich in die Kirche eingebaut. Seine Formen lassen darauf schließen, dass er vom selben Steinmetz geschaffen wurde, von dem auch der Westgiebel zwischen den Türmen stammt.  Vorher standen an dieser Stelle niedrige Chorschranken, zu denen wohl auch der hölzerne Triumphbogen über der Mitte jetzigen Lettner gehört hatte. Der Einbau war nötig geworden, um den Priesterbrüdern des Deutschen Orden seinen stillen Raum für ihre Gebetszeiten zu schaffen, da es in Kirchen des Mittelalters an vielen Wochentagen laut und lebhaft zugegangen ist.


Der Kreuzaltar (Bild rechts) im Hohen Chor (Ostchor) den Klerikern vorbehalten war, bis die Reformation diese Unterschiede aufhob. (Bild links) am Lettner wurde 1287 erstmalig erwähnt. Er war für den Gottesdienst der Gemeinde in ihrer Gesamtheit bestimmt, während der Hochaltar (Bild rechts) für die Kleriker bestimmt war, bis die Reformation diesen Unterschied aufhob. Das über dem Kreuzaltar aufgestellte Kruzifix stammt von Ernst Barlach (1870 - 1938). Von den Nazis als "entartete Kunst" bezeichnet, sollte es zerstört werden. Obwohl das Kruzifix auch in der Kirchengemeinde auch religiös umstritten, gar unbeliebt war, wurde es durch Regierungsbaurat Schwedes gerettet, der es verschwinden und verstecken ließ. Schwedes hatte damit sein Leben aufs Spiel gesetzt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Kruzifix wieder aufgestellt. Der Hochaltar aus dem Jahr 1290 besteht - bis auf den nachträglich aus Holz geschnitzten Helm der zweiten Fiale - aus bemaltem Sandstein. Aus der selben Zeit stammen die Figuren in der mittleren und rechten Nische, während diejenigen der linken Nische bei der Restaurierung 1854/64 neu geschaffen wurden.



Obwohl sie nicht aus Frankreich stammt , vielmehr in Marburg geschnitzt wurde, nannte der Volksmund die Holzstatue aufgrund ihrer Eleganz die "Französische Elisabeth" . (Bild links) Die zwischen 1470 - 1500 entstandene Figur hat mit ihrer anmutigen Gestalt in eleganter, höfischer Haltung nichts mehr gemein mit der Heiligen, die Geld, Schmuck und allen besitz den Armen gegeben hat und mit eigenen Händen die Kranken wusch und bettete. Sie wirkt eher wie eine vornehme Dame, der von großzügig gestifteten Kirche zu Schau stellt, während ihre rechte Hand den mit Zobelpelz gefütterten Seidenumhang zurückschlägt. Die meisten Farbfenster gingen im Siebenjährigen Krieg verloren, als die Kirche von französischen Truppen als Magazin benutzt wurde. Die noch vorhandenen Reste wurden 1769/70 im Hohen Chor (Bild Mitte) und im Südchor zu 14 Fenstern zusammengesetzt. Nachdem sie 1854 erneut zusammengesetzt, verbleit und stilgerecht ergänzt  wurden, erfolgte in den Jahren 1903 bis 1905 eine nochmalige, gründliche Überarbeitung.. Der Anteil alter und neuer Teile an den einzelnen Fenstern ist sehr unterschiedlich. Die ältesten Glasteile stammen aus der Zeit um 1259. Das Grabmal des Landgrafen Konrad von Thüringen stand bis zur Fertigstellung des Südchors. Neben dem Thüringer Löwen sieht man das Wappenschild des Deutschen Ordens, als dessen Hochmeister Konrad als direkter Nachfolger Hermann von Salzas zwischen 1239 - 1240 amtierte.


Der Landgrafenchor (Südchor) war bis zur Reformation die Grablege der Hessischen Landgrafen, den Nachfahren Elisabeths. Unter dem Fußboden befinden sich in einer ausgemauerten Fürstengruft jedoch mehr Tote, als die Hochgräber und Grabplatten erkennen lassen. Sarkophage in der ersten Reihe (Bild links) und im Bild rechts, von vorne nach hinten:  Adelheid von Braunschweig, Gemahlin Heinrichs I. - Doppelgrab, das den Söhnen Heinrichs I., Otto I. von Oberhessen und Johann von Niederhessen zugeschrieben wird - Landgraf Heinrich I. - Landgraf Ludwig I. -  Margarete von Nürnberg, die Mutter Ludwigs I. und ihr Sohn Hermann (verdeckt).  Links aussen ist das noch Kopfende des Grabes Konrads I. von Thüringen zu sehen (Bild rechts).

 
Von rechts nach links (linkes Bild) und von vorne nach hinten (rechtes Bild): Ludwig II. und Mechthild von Württemberg - Heinrich II. der Reiche -
Wilhelm II. -  heinrich und Elisabeth, Kinder von Hermann II. und Magarete von von Nürnberg (verdeckt).


Gedenk- und Mahntafel unter dem Nordturm (Bild links) und die Fenster des Hohen Chores (Bild rechts)


Die Särge des Generalfeldmarschalls und zweiten Präsidenten der Weimarer Republik Paul von Hindenburg (1847 - 1934; Bild rechts) und seiner Ehefrau Getrud, geb. von Sperling, wurden vor der Sprengung des Tannenbergdenkmals in Ostpreußen, wo sie bis dahin beigesetzt waren, im Januar 1945 über Königsberg, Schleswig-Holstein, die Potsdamer  Garnisonskirche in einen aufgegebenen Stollen des Salzbergwerkes Bernterode in Thüringen gebracht. Dort wurden sie zusammen mit den Särgen Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. sowie zahlreichen Archivalien und Kunstschätzen gefunden und gelangten in das Staatsarchiv von Marburg. Die Amerikaner wollten, dass die Särge würdig und dennoch frei von einer möglichen Heldenverehrung  beigesetzt werden, so dass die Hindenburgsärge 1946 unter den Nordturm, die Särge der Preußenkönige in den Südchor der Elisabethkirche kamen. Anders als bei den  Königen sollte die Elisabethkirche die letzte Ruhestätte der Eheleute von Hindenburg (Bild links) bleiben.