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  • Letzte Aktualisierung: 14.05.2014

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Memelland / Klaipédos Kraštas
Kurische Nehrung / Kuršių nerija / Куршская коса




Ein für die Kaliningradskaya Oblast (39) ausgegebenes amtliches Kfz.-Kennzeichen, welches mit dem Schriftzug "Königsberg" und den alten Wappen der Stadt zwei bemerkenswerte private Zusätze vorweist. Der Hinweg ins Memelland führte über die Kurische Nehrung, der Rückweg über Советск/Tilsit.

Am Eingang zum Национа́льный парк Ку́ршская коса/́Nazionalny park Kurschskaja kossa (Foto links) wird eine Naturschutzgebühr von umgerechnet 7,44 Euro erhoben, die man auch mit einer Mastercard bezahlen kann. Der Name des im Jahr 2000 zum UNESCO zum Weltnaturerbe erhobenen, 98 Kilometer langen Landstreifens (Halbinsel), welcher das gleichnamige Haff von der Ostsee trennt,  stammt aus der Ordenszeit, bezog sich damals jedoch nur auf den baltischen Volksstamm der Kuren. Ebenso wie die Frische Nehrung, die aus Königsberger Sicht als Danziger Nehrung bezeichnet wurde, war ihre Bezeichnung lediglich ein Hinweis darauf, dass sie nach Kurland führte. Während der mit nur 380 Metern schmalste Teil der Halbinsel bei Лесной/Sakau in der Kalingradskaya Oblast liegt, findet sich ihre breiteste Stelle (3,8 Kilometer) bei Bulvikio ragas (Bullwikscher Haken), etwa vier Kilometer nordöstlich von Nidden, dem Grenzort des litauischen Teils. 


Nach einer Strecke von etwa 50 Kilometern erreichte ich die russisch-litauische Grenze, an der es - wie vom Verkehrsschild angekündigt - recht TOLL zugehen sollte. Jedoch nicht wegen den relativ raschen Grenz- und Zollkontrollen der Russischen Föderation (Foto rechts), bei denen die bei der Einreise abgegebene Zweitschrift der 'Erklärung über eine vorübergehende Einfuhr eines Pkw' lediglich zurückgegeben werden muss....

....sondern wegen den bürokratischen Vorschriften, die der Reisende den litauischen Zöllner an der EU-Außengrenze ZOLLen muss. Auch als EU-Bürger und Fahrer eines in Deutschland zugelassenen Pkw musste ich neben dem mir vorausgefahrenen Fahrzeug zunächst eine geraume Zeit warten, bis sich die Schranke öffnete und ich zu einem Kontrollhäuschen vorfahren konnte. Von dort wurde ich jedoch zunächst barsch an eine Kontrolllinie zurückgewiesen  und dann nach einiger Zeit aufgefordert, an einen anderen Kontrollschalter zu fahren. Als Nichtraucher hatte ich - wie immer - für einen Freund zuhause eine Stange Zigaretten gekauft und diese im Vertrauen auf eine zollfreie Einfuhr offen auf die Rückbank gelegt. Der litauische Grenzbeamte bedeutete mir, dass zollfrei jedoch lediglich 2 Päckchen eingeführt werden dürfen und holte sogleich zwei Kolleginnen vom Zoll herbei. Eine der beiden meinte, dass umgerechnet etwa 10 Euro Zoll erhoben werden müsste und nahm die Stange an sich. Für meinen Vorschlag, die Kippen, die ich für nur 4. Euro erstanden hatte, einfach wegzuschmeissen, konnte sich diese Dame jedoch nicht erwärmen. Nun dauerte es etwa 90 Minuten bis mich einer ihrer Kollegen in den litauischen Dutyfree-Shop komplimentierte, wo ich 20 Euro in knapp 70 Litauische Litas umtauschen musste. Nachdem ich davon 55 Litas, also knapp 16 Euro abgegeben und mehrere Formulare unterschrieben hatte.....


....musste ich noch eine Gebühr von knapp 6 Euro  für die Einfahrt in den Kuršių Nerijos Nacionalinis Parkas zahlen und konnte dann endlich nach Europa einreisen. Nach vier Kilometern erreichte ich das an der Haffseite der Kurischen Nehrung gelegene Nida/Nidden. Seine erste urkundliche Erwähnung fand Nida im Jahre 1385 in Dokumenten des Deutschen Ritterordens. Wie die gesamte Nehrung, war auch der bis zum Jahre 1675 gut fünf Kilometer weiter südlich jenseits der Hohen Düne gelegene Ort vom baltischen Volk der Kuren besiedelt. Die infolge einer Versandung erforderlich zweite Dorflage von Niddens befand sich danach von bis in die 1730er Jahre direkt am Haffstrand, etwa auf der Höhe des Grabscher Haken (von prußisch grabis = Berg).  Der Ortsname Nidden ist eine Ableitung von prußisch neid, nid, nida, was übersetzt fließen, auf- und abtauchen bedeutet. Nachdem 1709 fast die gesamte Bevölkerung von Nidden durch die Pest dahingerafft worden war, erzwang 1730 abermals eine Versandung, den Ort vor der Parnidis-Düne noch ein drittes Mal aufzubauen. Nida wurden die kleinen Dörfer Skruzdynė (Ameise) und Purwin (Schmutziger Ort, Sumpf) angegliedert, so dass es heute mit 1500 ständigen Einwohnern die größte Ortschaft der Kurischen Nehrung ist.
Mit der Entstehung des Expressionismus zog es ab 1900 eine Vielzahl von Künstlern, wie die Maler wie Lovis Corinth, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff nach Nidden. Besonders verbunden mit dem Ort ist auch der Landschaftsmaler Ernst Mollenhauer (1892–1963), der hier in den Jahren 1924 bis 1925 lebte. Um ihren damaligen Treffpunkt Gasthof Blode, das heutige  Hotel Nidos Smilte (Foto links) entstand die Künstlerkolonie Nidden. Die eindrucksvolle Strandpromenade des Ortes wird von zahlreichen Denkmälern....
....und Skulpturen gesäumt aus den unterschiedlichsten Werkstoffen gesäumt. 
Sehenswert ist das örtliche Gintaro galerija-muziejus (Bernsteinmuseum), vor dem man phantasievolle Holzschnitzereien aufgestellt hat. 
Die einstmals an den Nehrungskähnen angebrachten Kurenwimpel zeigten den kurischen Fischern bei ihrer Tätigkeit auf den Haffen den jeweiligen Heimathafen an. Jeder Ort hatte sein eigenes 'Logo". Bemerkenswert ist, dass sich darin noch heute - wie im Wappen von Nida - mit weiß und schwarz die Farben des Deutschen Ordens finden. (Berüchtigt wurde das schwarz-weiße Muster, allerdings in umgekehrter Farbgebung während der NS-Zeit als Kraftfahrzeugstander der "Waffen-SS".)  Oberhalb des Ufers, etwa 1,7 Kilometer außerhalb der Ortsmitte von Nida befindet sich das 1929 erbaute Ferienhaus des in Lübeck geborenen Schriftstellers Thomas Mann (1875 - 1955)..

... der hier mit großartigem Ausblick über das Haff in den Jahren 1930 - 1932  mit seiner Familie die Sommerferien verbrachte und gleichzeitig an den ersten drei Teilen der Roman-Tetralogie Joseph und seine Brüder arbeitete.

Von den Einheimischen wurde das architektonisch in den Niddener Fischerstil errichte Gebäude in Anspielung auf den gleichnamigen Roman von Harriet Beecher Stowe als 'Onkel Toms Hütte' bezeichnet. Thomas Mann war nicht zuletzt infolge seiner am 17. Oktober 1930 im Berliner Beethoven-Saal gehaltenen 'Deutschen Ansprache. Ein Appell an die Vernunft' zu einem Gegner der NS-Ideologie geworden. Im Sommer 1932 erreichte ihn in seinem damals in Litauen stehenden Ferienhaus, eine Postsendung mit einem angekokelten Exemplar seines Romans 'Buddenbrooks: Verfall einer Familie', für den er 1929 den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte. Nachdem sich Thomas Mann zu Beginn des Jahres 1933 für eine Emigration entschieden hatte und 1936 von den NS-Behörden die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen worden war, hatte wurde das Anwesen nach der "Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich" im März 1939 von Hermann Göring beschlagnahmt und in Jagdhaus „Elchenhain“ umbenannt. Im Zweiten Weltkrieg diente das Haus der Erholung von Offizieren der deutschen Luftwaffe. Bei Kriegsende wurde es von einer Granate beschädigt. Von der sowjetischen Verwaltung wurde das Gebäude 1954 als „abzureißende Kriegsruine“ klassifiziert. 1967 wurde auf Anregung des litauischen Schriftsteller Venclovas darin eine Gedenkstätte eingerichtet, die noch vor dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989  ihre Türen auch für deutsche Besucher öffnete. Unter anderem mit Mitteln der deutschen Bundesregierung, wurde das Anwesen ab 1995 restauriert und das Tomo Mano memorialinis muziejus/ Thomas-Mann-Kulturzentrum gegründet. 1996 erfolgte die Eröffnung des Museums im Sommerhaus, welches mit jährlich 40.000 Besuchern das meistbesuchte Museum Litauens ist.
"Didvyrio vardas" (im Namen der Helden) erinnert die Gedenktafel des Mahnmals in litauischer und russischer Sprache an die Opfer, die dem Rückzug der Faschisten am 29. Januar 1945  zum Opfer gefallen sind. Zur selben Zeit fanden damals Tausende von Flüchtlingen im Kugelhagel sowjetischer Tiefflieger auf dem brüchigen Eis der Frischen Nehrung den Tod und nur einen Tag später, am 30. Januar 1945, um 21:16 Uhr, wurde vor Stolpmünde/Ustka das Schiff Wilhelm Gustloff torpediert und versenkt, wobei 9000 Zivilisten in der eisigen Ostsee sterben mussten.

Die Hauptattraktion der Kurischen Nehrung sind neben ihren Wäldern und Heidelandschaften die einzigartigen Wanderdünengebiete.  Die Große Düne bei Nida  ist nach der Dune du Pyla bei Arcachon die zweithöchste Düne Europas. Die einstmals als ostpreußische Sahara genannte Landschaft wurde auch als Filmkulisse, wie die ns-propagandistisch angelegte Komödie  Quax in Fahrt, einer Fortsetzung von Quax der Bruchpilot genutzt. Da der zwischen 1943 - 1945 mit Heinz Rühmann, Herta Feiler, Bruni Löbel, Beppo Brem und anderen UFA-Größen gedrehte Film nach Kriegsende von der alliierten Militärregierung verboten werden sollte, sollte seine Uraufführung erst am 22. Mai 1953 in mehreren deutschen Städten gleichzeitig stattfinden. Nach dem zweimaligen Eintrittspreis zur Kurischen Nehrung erwies sich die kurze Fährüberfahrt von deren Süderspitze/Kopgalis ....


....zur 800 Meter entfernten, auf der anderen Seite des 'Memeler Tiefs' gelegenen Stadt Klaipeda erfreulicherweise als kostenlos.


Zu den ältesten und erfolgreichsten Tageszeitungen in Nordostpreußen zählte das Memeler Dampfboot, welches in seiner ersten  Ausgabe erstmals am 3. Juli 1849  erschienen war. Nach seiner Neugründung im niedersächsischen Oldenburg Ende 1948/Anfang 1949 wurde das Blatt aufgrund alliierter Vorschriften zunächst als Memeler Rundbrief publiziert. Die seit dem 5. Januar 1950 wieder unter ihrem alten Namen herausgegebene Zeitung hat heute, monatlich erscheinend, eine Auflage von 1000 Exemplaren. Der Akt des Nationalrates Kleinlitauens vom  30. November 1918 ist der Antrag des Rates Preußisch Litauens (=Memelland) über die Vereinigung Kleinlitauens mit Großlitauen, welcher später als Tilsiter Akte bezeichnet werden sollte (Foto rechts).
Das nördlich der Flüsse Memel/Nemuna/Неман und Ruß/Rusnė gelegene Memelland/Memelgebiet/Klaipėdos kraštas wurde nach Artikel 99 des Versailler Vertrags 1919 ohne Volksabstimmung an die alliierten Mächte abgetreten. Nachdem es als Territoire de Memel/Région de Klaipėda ab 1920 von Frankreich als deren Vertreter verwaltet worden war, wurde es am 10. Januar 1923, und damit zeitlich synchron zur französisch-belgischen Ruhrinvasion, von über 1000 bewaffneten Litauern im Handstreich (Klaipėda-Revolte) besetzt. Die französischen Truppen und Verwaltungskräfte verließen am 19. Januar 1923 das Land. Am 16. Februar 1923 erkannte die Botschafterkonferenz die Angliederung des Memelgebietes an Litauen als Faktum an und übergab nun auch formell die Hoheit über das Gebiet an Litauen. Zu der im Mai 1924 vom Völkerbund anerkannten Memelkonvention gehörte eine Bestimmung über die eine Autonomie des Memellandes innerhalb Litauens. Trotz des vom litauischen Parlament am 8. Mai 1924 beschlossenen Autonomiestatus verloren die verloren die Memelländer durch diese Annexion ihre deutsche Staatsangehörigkeit und wurden Litauer. Sie konnten allerdings für die deutsche Staatsbürgerschaft optieren. Die Wahl zum Landtag 1925 erbrachte Stimmenanteile von mehr als 80 % für die deutschsprachigen, die Autonomie vertretenden Parteien. Auch nachdem im Dezember 1926 die Autonomie per Kriegsrecht weitgehend aufgehoben worden war, fielen die Ergebnisse der nachfolgenden Wahlen auch weiterhin eindeutig gegen die Litauer Militärdiktatur von Antanas Smetona aus. Am 1. November 1938 wurde der jahrelang bestehende Ausnahmezustand aufgehoben und bei der Wahl zum 6. memelländischen Landtag am 1. Dezember erhielt die von der NSDAP gesteuerte deutsche Einheitsliste 87,2% der Wählerstimmen. 


Die Nazis erhöhten Ende 1938 den Druck auf Litauen durch die Androhung militärischer Maßnahmen im Falle von Unruhen. Daraufhin erklärte sich die litauische Regierung zu Verhandlungen mit Deutschland bereit. Zudem erklärten Großbritannien und Frankreich, sahen sich lediglich als Unterzeichner, nicht als Garanten der Memelkonvention vom 8. Mai 1925 und erklärten, keinerlei Maßnahmen zur Fortsetzung der litauischen Herrschaft ergreifen zu wollen. Im Frühjahr 1939 forcierte Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop bei einem Treffen mit seinen litauischen Amtskollegen Juozas Urbšys (1896-1991) erneut den Druck auf Litauen, um Litauen zu einer schnelle Entscheidungen zu erpressen. Nachdem der litauische Ministerrat und das Parlament einer „Rückgabe“ des Memellandes an Deutschland zugestimmt hatte, wurde am  23. März 1939 der „Deutsch-Litauische Staatsvertrag zur Wiedervereinigung des Memellandes mit dem Deutschen Reich" unterzeichnet. Nach dem Abzug litauischer Truppen und der Verwaltung rückten Wehrmachtsverbände ins Memelland ein. Noch am selben Tag erfolgte die Wiederangliederung des Memellandes als Teil der Provinz Ostpreußen an das Deutsche Reich. Noch am selben Tag rückte auch Adolf Hitler stehend im offenen Wagen in Memel ein (Foto rechts) und verkündete vom Balkon des Theaters (Foto links) die „Heimkehr des Memellandes“. Vor dem Theater steht seit November 1989 eine Nachbildung einer Skulptur der Anke van Tharaw, die von Alfred Künne zum Gedenken an den in Klaipeda geborenen deutschen Dichter und Schriftsteller Simon Dach geschaffen wurde.  Als Ännchen von Tharau wird Anna Neander, die Tochter des Tharauer Pfarrers seit dem 17. Jahrhundert in 17 Strophen besungen. Das Memelland sollte das letzte Gebiet bleiben, welches sich der NS-Staat ohne Krieg einverleiben konnte. Knapp sechs Monate später entfachte er seinen Eroberungs- und Vernichtungskrieg.


Das 1924 gegründete Mažosios Lietuvos istorijos muziejus (Museum der Geschichte Kleinlitauens) beherbergt Exponate aus einem Zeitraum, der bis ins Neolithikum im 4. vorchristlichen Jahrtausend zurück reicht. Archäologische Funde belegen, dass das Gebiet nach der letzten Eiszeit durch Angehörige der Hamburger Kultur, einer Variante der Magdalenien-Kultur, und der südeuropäischen Swidry-Kultur besiedelt war. Die Zeit von 4000 bis 2500 v. Chr. wird nach dem estnisch-russischen Grenzfluss Narwa Memel-und-Narwa-Kultur genannt. Seit etwa 2500 v. Chr. war diese Region Siedlungsgebiet westbaltischer Stämme. Eine Gegenüberstellung des heidnischen baltischen Kalenders zum christlichen (Foto rechts).


An der Spitz ihres Pantheons verehrten die baltischen Völker den Himmelsgott, welcher altpreußisch Deiws, litauisch Dievas und lettisch Dievs genannt wurde. Ihm zur Seite stand der Donnergott Percunis/Perkūnas/Pērkons, der die Fruchtbarkeit förderte und die Lebensordnung bestimmte. Eine weitere bedeutsame Rolle spielte die Sonnengöttin  Saulé), welche bisweilen in Beziehung zur Mondgottheit Menins/Mēnuo/Menuli Mēnes trat. Von besonderem Gewicht war auch die Schicksalsgöttin Laima, da sie Glück, Erfolg und  Fruchtbarkeit für Acker und Vieh spendete. Die im 13. Jahrhundert an der Mündung der Dange erbaute kurische Holzburg wurde 1252 vom sechsten Deutschmeister und Statthalter des Hochmeisters von Livland, Eberhard von Seyne erobert, der an gleicher Stelle die Memelburg errichten ließ. Die 1202 in Riga gegründeten Fratres miliciae Christi de Livonia (Brüder der Ritterschaft Christi von Livland), kurz Schwertbrüderorden  (Foto rechts) genannt, waren nach ihrer vernichtenden Niederlage gegen die Litauer in der Schlacht von Schaulen (22.09.1236) im Jahre 1237 gemäß päpstlichem Schiedsspruch in der Viterber Union mit dem Deutschen Orden vereinigt. Ihr Besitz wurde auf den Deutschen Orden bei Wahrung eigener livländischer Verwaltung übertragen.
Die Burg befand sich auf einer Insel in der Mündung des Flüsschens Dange/Danė, dessen  Name sich vom kurischen Begriff Danga (bogenreicher Fluss) ableitete. Das Siegel mit der Umschrift SIGILLVM BVRGENSIVM DE MEMELA stammt aus dem Jahr 1446 (Foto links). Es diente als Vorlage für das Wappen der Stadt Memel, welches auch von der litauischen Stadt Klaipėda übernommen wurde.

Unter maßgeblicher Beteiligung Dortmunder Kaufleute wurde 1253 auf dergegenüberliegenden Flussseite eine Siedlung gegründet, die ursprünglich Neu-Dortmund genannt werden sollte. Von der westfälischen Mutterstadt hatte man die Zusendung einer Aufzeichnung des Rechts und der Gewohnheiten erbeten, die bereits 1252 als unter dem Titel Über "Die Freiheit unserer Stadt" niedergeschrieben worden war. Im Jahre 1258 erhielt Memel dann lübisches Stadtrecht. Es wurde nun urkundlich als Memele castrum (Memelburg, auch Mimmelburg) erwähnt. Der Name Memel leitet sich vom kurisch-lettischen und bezeichnet sowohl das Haff als auch den Unterlauf des Flusses Memel. Auch die Bezeichnung Klaipėda in der Form von klais/klait (flach, frei, offen) und ped (Fußsohle, Grund)  kurischen Ursprungs.  Die Karte rechts zeigt die einzelnen Etappen bei der Eroberung der prußischen Länder durch den Deutschen Ritterorden (Prusu zemes uzkariavimas).
Zum Mažosios Lietuvos istorijos muziejus gehört auch das am einstigen Burgort errichtete, zuletzt 2002 renoviert Burgmuseum von Klaipeda,
wo dem Besucher die Benutzung eines Computerterminalangeboten wird, welches die Stadtgeschichte ausgesprochen lebendig darzustellen vermag.
 

1328 gingen Burg und Stadt an den Deutschen Orden über, wodurch Memel Teil des preußischen Ordensstaates wurde. Das Foto links zeigt en Wappenschild des Hochmeisters des deutschen Ordens und dokumentiert die mittelalterlich-christliche Sicht von Herrschaft und Heidenkampf.
Die gemauerten Gänge der einstigen Festung bieten Schauvitrinen und stimmungsvolle Szenerien. In zahllosen Kriegen zwischen dem vereinigten Polen-Litauen und dem Deutschen Ordensstaat wurde die Stadt Memel in den Jahren 1379, 1409, 1456, 1459, 1464 und 1520 mehr geplündert und abgebrannt. Im Frieden von Melnosee 1422, in dem der Orden Samaiten und andere Gebiete an Polen-Litauen abtreten musste, wurde dem Passus 'et castrum Memel in Samogitico Cleupeda appellatum' auch erstmalig ein alternativer Name für die Stadt Memel dokumentiert. Im Jahre 1475 erhielt Memel das Kulmer Recht, auch Kölmisches Recht genannt. Die festgelegte Grenze, innerhalb derer die Stadt Memel und das Gebiet bis zum 50 Kilometer südlich in das Haff einmündenden Fluss Memel dem Deutschen Orden bestätigt wurden, blieb auch bestehen, als der Ordensstaat in Preußen 1525 ins Herzogtum Preußen überging. Diese Grenze zwischen Preußen und Litauen war eine der am längsten unveränderten Grenzen in Europa, kulturell bestand sie bis 1945.

Der Plan links zeigt die Stadt- und Burg von Memel während ihrer Belagerung durch die Armee der russischen Zarin Elisabeth zwischen dem 19. – 25. Juni 1757.  Ein Blick in eine 'preußen-litauische' Wohnstube zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Foto rechts).






Die Rekonstruktion des im 15. Jahrhundert errichteten, Ende des 19. Jahrhunderts abgerissenen Großen Pulverturms. Das Memelgebiet war erst mit der Abtrennung vom Deutschen Reich am 01.10.1920 entstanden und zu einem Begriff geworden. Zuvor hatte der Landstrich zur preußischen Provinz Ostpreußen gehört, war in deren Kreisstrukturen eingegliedert und besaß daher auch keine eigene Flagge. Die für das Memelgebiet eingeführte längsgestreifte gelb-rote Fahne (mit dem Stadtwappen von Memel auf einer roten Scheibe) wurde außerhalb der Stadt Memel kaum verwendet. Die Bevölkerung der beiderseits [!] des Flusses Memel gelegenen Landschaft hissten vielmehr eine waagerecht gestreifte Trikolore in grün-weiß-rot, den als preußisch-litauisch geltenden Farben, die heute noch in der Flagge der Stadt Советск/Tilsit zu sehen sind.


Die ursprüngliche, um die Burg und die heutige Altstadt angelegte Befestigung wurde im 17. Jahrhundert um einen größeren Befestigungsring erweitert. Im Jahr 1627 begann man mit dem Bau von bis zu 3,5 Meter hohen Bollwerke, die man mit Gräben umgab. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte diese Befestigungsanlage jedoch ihre Bedeutung verloren, so dass man mit ihrem Abriß begann. Die Parkanlage Jonas Hügel ist als Überrest der Fortifikation erhalten geblieben.


1922 in München gedruckte, von der Handelskammer des Memelgebietes als Notgeld herausgegebene provisorische Geldscheine (Foto links). Mit seiner grauen Farbe, seinen blauen Mustern und seiner Salzglasur erinnert diese Steinzeugkanne spontan an einem 'Bembel', wie er in Frankfurt am Main und Umgebung verwendet wird. Ob jedoch aus dem memelländischen Exemplar jemals "Ebbelwoi" ausgeschenkt wurde, ist eher unwahrscheinlich.
 
 
Herkus Mantas (1225/1230 - 1273), war Herzog der Natanger, Stammes der baltischen Prūsai (Prußen). Sein prußischer Name lautete Erkus Mants.

Die Siedlungsgebiete der indoeuropäischen Balten, den letzten 'heidnischen' Völkern und Stämmen Europas. Ein Relief mit prußischen Kriegern
im Kampf gegen christliche Kreuzfahrer
von einem Säulenkapitel der Marienburg, heute Malbork in Polen.


Gut sieben Kilometer nördlich des alten Zentrums der Stadt Memel liegt das heute als Ferienort beliebte Melnrage/Melleneraggen, dessen Toponym sich sich von seiner Lage, bzw. den kurischen Wörtern melns (schwarz) und rags (Horn, Hinausragendes) ableitet. Das Gemeindehaus und der Strand des 1946 von Klaipėda eingemeindeten Dorfes Mellneraggen, zu dem 1940 auch das Seebad Försterei gehörte. 


Das einstige Nimmersatt im Kreis Memel gehörte bis 1919 zur preußischen Provinz Ostpreußen und war bis dahin als selbständige Gemeinde der nördlichste Ort des Deutschen Reiches. Mit Essen, Sättigung und der gleichnamigen kleinen Raupe hat der Ortsname jedoch nichts zu tun, denn er wurde von den kurischen Begriffen  nemiršele (Sumpfvergissmeinnicht) und sata (Gehöft) abgeleitet. Als Immersatt wurde hingegen um 1902 die Posthalterei und des Lembkeschen Gartenrestaurant bezeichnet, an dem das Kurhaus Nimmersatt errichtet werden sollte. Nimmersatt lag zu preußisch-deutschen Zeiten an der Nordspitze eines ostpreußischen Landzipfels, der im Westen von der Ostsee und im Osten und Norden von Rußland umgeben war. Wenige Meter von der Ruine der Gaststätte John Karnowsky (Foto rechts), dem einstigen Kurhaus von Nimmersatt entfernt, verlief bis 1918 die deutsch-russische Grenze. Nach der "Heimholung" des Memellandes war das bereits vor dem Jahre 1433 gegründete Nimmersatt bis 1945 erneut der nördlichste Ort des Deutschen Reiches. 1945 seine wenigen alten Häuser und Höfe vom litauischen Kurort Palanga, dem einstmals im russischen Zarenreich liegenden Grenzort Polangen (von kurisch pa-langa = beim Sumpfloch), eingemeindet. Eine Entfernung von weniger als 20 Kilometer zur jenseits der heutigen litauisch-lettischen Grenze gelegenen Rucavas novads verdeutlicht einmal mehr den eng zusammenhängenden Raum der baltischsprachigen Völker.


Ein weiteres historisches Relikt und Kulturdenkmal im heutigen Pajūrio regiono parke galime sutikti Nemirsetoje stellt die Nemirsetos gelbėjimo stotis dar. Die Rettungsstation gehörte zu dem zwischen 1870 - 1890 an den allen Küsten des Deutschen Reiches eingerichteten Bergungssystem für die aufgrund von Untiefen Untiefen in Seenot geratenen Schiffsbesatzungen.  Die Rettungsmannschaften bestanden aus zwei Senioren- und etwa 20 Ersthelfern aus den Reihen der lokalen Fische. Als Freiwillige arbeiteten sie ohne Vergütung. Die Rettungsboote wurden auf einem speziellen Rollstuhl, der bei Bedarf von Pferden ins Wasser gezogen werden konnte, gelagert.


Während ich den zahlreichen Sorten des litauischen Alus widerstehen konnte, gönnte ich mir für etwa 7 Euro diese leckere Lachsroulade.


Eine originelle Skulptur (Foto links) und ein Millenniums-Denkmal ,welches an die erstmalige erste urkundliche Erwähnung von Litauen in den Quedlinburger Annalen im Jahre 1009 erinnert.  Das zu den Wahrzeichen der Stadt Klaipeda gehörende Segelschiff Meridianas wurde im Jahre 1948 in Finnland erbaut und ging zusammen mit anderen Holzschiffen als Kontribution in den Besitz der Sowjetunion über. Bis 1967 diente die Meridianas im Besitz der Seefahrtschule Klaipedas als Übungsschiff zukünftiger Schiffsführer und Kapitäne. Im Mai 1969  wurde das Segelschiff in der Danė verankert,  1971 darin ein beliebtes Restaurant eröffnet. Nachdem der  damalige Besitzer das Schiffe hatte verrotten lassen, ging das Schiff im Jahre 2001 für einen Symbolpreis von 1 Litas in den Besitz des Juristen A. Žičkus über, der eine Kampagne zur Restaurierung startete.


Über die hochklappbare Biržos tiltas (Wechselbrücke) über die Danė gelangt man zum 1782 erbauten Klaipėdos rotušė, dem ehemaligen Rathaus von Memel.  Zu Beginn gehörte es dem dänische Konsul Lorenz Lorck, welcher es an seinen Schwiegersohn aus der Kaufmanns-Familie Consentius verkaufte. Es wurde daher als Haus Consentius bezeichnet. Von 1807 bis 1808 residierte hier Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit seiner Frau Luise auf der Flucht vor Napoleon im vierten Koalitionskrieg. Später wurde es als Börsenhalle genutzt. 1846 kaufte schließlich der Magistrat der Stadt Memel das Gebäude für 13.000 Taler. Zum Rathaus geworden, überstand das Gebäude den Stadtbrand von 1854 unbeschädigt. 1876 wurde es im Stil der Neorenaissance umgebaut. Die Gesamtkosten des Umbaus betrugen 60.000 Taler. Nach 1923 tagte im Gebäude der Memelländische Landtag. Vor dem - auch von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieg verschont gebliebenen - Rathaus steht mit dem Žvejas (Fischer) eine Skulptur, die zum 37. Meeresfest (1971) als Geschenk in den Besitz der Stadt Klaipeda ging.


Um die bei Stürmen sehr gefährliche Windenburger Ecke zu meiden, wurde zwischen 1863-1873 der nach dem preußischen König Wilhelm IV. (ab 1871 der preußen-deutsche Kaiser Wilhelm I.) Wilhelm-Kanal genannt. Die künstliche Wasserstraße verbindet den Atmathstrom, Taggraben und die Minge mit dem Memeler Tief.


Priekulė/Prekule/Prökuls ist eine kleine, etwa 26 Kilometer südlich von Klaipėda, am Ufer der Minge liegende Ortschaft. Ein Obelisk mit Eisernem Kreuz erinnert  erinnert an die für Preußens Gloria Gefallenen (Foto links). Die zwischen 1688 - 1697 erbaute protestantische Kirche, wurde am Ende des zeiten Weltkriegs zerstört. Die noch verbliebenen Gemeindemitglieder bauten deshalb ihr Gemeindehaus zur Kirche um und fügten einen Turm an, in dem die Glocken aus der zerstörten Kairinner Kirche aufgehängt wurden. Die Fundamente der zerstörten Kirche wurden durch eine niedrige Mauer sichtbar gemacht und ein Gedenkaltar aufgestellt.


Auch Šilutė/Heydekrug  war aus einer Gaststätte (Dorfkrug) hervorgegangen, der sich seit 1785 zum preußisch-litauisch Szillokarszmo, dem bedeutendsten Marktflecken zwischen Memel und Tilsit entwickelt hatte. Erst im Jahre 1941 wurde Heydekrug zur Stadt erhoben und 1945 kam es mit dem Memelland  zur Lietuvos Tarybų Socialistinė Respublika (Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik; kurz LiSSR) und wurde in Šilutė umbenannt.
Die Zerstörungen waren bei Kriegsende waren gering, so dass der Stadt der Charakter eines deutschen Landstädtchens erhalten blieb. 2011 war die Šilutė mit seinen zahlreichen aufgestellten Skulpturen die Kulturhauptstadt Litauens. In Heydekrug wurde 1925 die Hollywoodschauspielerin Cornell Borchers und 1942 Doris Treiz geboren, die als Schlagersängerin Alexandra bekannt wurde und
in der Nacht zum 31. Juli 1969 bei einem Verkehrunfall  den Tod fand.
Das Denkmal für den in Matzicken/Macikai, Kreis Heydekrug geborenen, umstrittenen Schriftsteller und Bühnenautor Hermann Sudermann (1857 - 1928) [Sorry für das unscharfe Foto. Leider hatte ich erst später bemerkt, dass sich die Einstellungen meiner Kamera in der Hosentasche verstellt hatten.] Der Grundstein der ursprünglich als Kaiser-Wilhelm-Jubiläumskirche gedachten Evangelisch-lutherische Kirche von Heydekrug (Šilutės evangelikų liuteronų bažnyčia) wurde 1913 gelegt. Das Grundstück für die Kirche war vom Verleger und Mäzen Hugo Scheu (Hugo Šojus) kostenlos zur Verfügung gestellt worden.  Nach einem Baustopp im Ersten Weltkrieg konnte der Bau erst 1924 fortgesetzt und 1926 vollendet werden.



Die Skulptur einer trauernden Mutter und der russische und litauischen Text einer Gedenktafel erinnern an die Toten der Jahre 1941 - 1945.  Über die Pforte der 1997 renovierten neugotischen Kirche wurde die Textzeile des von Martin Luther um 1529 geschriebenen und komponierten Kirchenlied  "Ein feste Burg ist unser Gott" angebracht. 


10 km südöstlich von Šilutė, rechts neben der krašto keliai (Nationalstraße 141) liegt der kleine Kirchort Vyžiai/Wieszen.

 
Weiter 14 Kilometer in Richtung Tilsit finden sich auf der linken Seite der N 14, in Nähe des Ortes Usėnai/Mädewald diese kunstvollen, offenbar altprußischen Vorbildern nachempfundenen Schnitzereien (Foto links).  Nach weiteren 27 Kilometren hatte ich die Karalienės Luizos tiltas/Мост королевы Луизы/Königin Luise-Brücke erreicht, über die ich von Pagėgiai/Pogegen über den Fluss Nemuna/Неман/Memel zurück in die Калининградская область nach Советск/Tilsit fahren konnte (Foto rechts).
 

Von der am 18. Oktober 1907 eingeweihten, nach Luise von Mecklenburg-Strelitz benannten Brücke aus bot sich mir ein Blick auf das russische Ufer, an dem ich bereits im Jahre 2006 gestanden hatte.

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