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  • Letzte Aktualisierung: 21.06.2008

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Das Thomasevangelium

 

Die apokryphe (griechisch: verborgen, geheim) Schrift geht auf den Apostel Judas, genannt Thomas (aramäisch: Zwilling, griechisch: Didymus) zurück und wurde um 100 n. Chr. in Syrien erstmals schriftlich niedergelegt. Es kann als das 5. Evangelium (griech.: Eu angelion = Frohe Botschaft) angesehen werden. Es erfreut sich sowohl bei Esoterikern und besonders bei Gnostikern einiger Beliebtheit, dient aber auch Christen zur Erforschung ihres Glaubens abseits der Paulinischen Theologie. In griechischer Sprache verfasste Fragmente waren bereits 1890 (wieder)entdeckt worden, aber erst durch die 1945 in Oberägypten gefundenen "Nag Hamadi Kodizes" (in Leder gebundene Papyri mit koptischer Schrift) kam sein kompletter Inhalt wieder ans Tageslicht. Von der literarischen Gattung her ist es eine Spruchsammlung. Es besteht aus 114 überlieferten Aussprüchen Jesu, sogenannten Logien (griech. logos= das Wort) und ist keine Ergänzung der Überlieferungen um sein Wirken, Leben und Tod.
Die eine Hälfte der Logien hat Parallelen in den synoptischen Evangelien. Die Logien der anderen Hälfte besitzen einen gnostischen Charakter und sind bisher teilweise völlig unbekannt gewesen. Wie in allen gnostischen Schriften, wird der Mensch nicht als sündig, sondern unwissend betrachtet. Jesus ist der Erleuchtete, der die Menschen auf ihr ursprüngliches Wesen aufmerksam macht und sie dazu auffordert in das Lichtreich (Königreich Gottes) einzugehen. Es gibt Parallelen zwischen einzelnen Logien und Texten der Manichäer, bei denen die Überwindung der Dualität (von Geist und Materie) und Rückkehr zum göttlichen Urzustand der Einheit anhand von Gleichnissen offenbart wird. Da das stark spiritualisierte Lichtreich jedoch bereits gegenwärtig ist, fehlt dem Thomasevangelium die eschatologische Ausrichtung auf die Zukunft. Ebenso fehlt ihm auch der ekklesiologische Gedanke. Da es jedem Einzelnen die Zusage zum Eingang (Rückkehr) ins Lichtreich erteilt, wird klar, warum es schon von Kirchenväter, wie Irenäeus, Hippolytus und Epiphanius gefürchtet und als häretisch bekämpft wurde. Setzt sich doch die selbsterlangte Erkenntnis des Einzelnen (Gnosis) über jegliche Autorität hinweg und macht jede hierarchische Organisation mit all ihrer Macht, Dogmen und Konzilen überflüssig.

Thomas ist der geistesverwandte Bruder von Jesus. Möglicherweise könnte er auch sein wirklicher Zwilling gewesen sein, der nach dessen Tod nach Indien gereist ist. Das Thomasevangelium schlägt eine Brücke zur östlichen Spiritualität, indem es verblüffende Kongruenzen mit dem Buddhismus (Hsin-Hsing-Ming) und dem Hinduismus (Bhagava Gîtâ) vorwiesen kann. So findet man die Sublimation von Bedürfnissen und die Askese als Frucht eines erfahrungsreichen Lebens sowohl bei Buddha, als auch bei Franz von Assisi. Der (Wieder)eintritt in das Reich Gottes durch Transzendierung der Welt. Auch die gnostische Trinitätsvortellung "Logos-Christos-Sophia" findet dort ihre Entsprechungen. Der Dualismus von Geist und Materie hatte auch bei Manichäern und Katharern Eingang gefunden und das "Gesetz von Bewegung und Ruhe im Universum" findet seine Bestätigung in der Quantenmechanik !

Während das Johannesevangelium festlegt, dass man nur durch den Glauben an Jesus Christus Gotterkenntnis und Ewiges Leben erlangen kann, beantwortet Jesus im ThomasEv Fragen nicht mit Instruktionen, sondern durch Logion 70 damit, dass jeder die Fähigkeit zur Entdeckung der Wahrheit in sich selbst trägt.

  Die 114 Logien des Thomasevangeliums:


001 Dies sind die geheimen Worte, welche "Jesus der Lebendige" sprach, und welche Judas Thomas - genannt Zwilling - aufgeschrieben hat. Und Jesus sprach: Wer die Bedeutung dieser Worte versteht, der wird den Tod nicht schmecken.
002 Jesus sprach: Wer sucht, soll nicht aufhören zu suche, bis er findet. Und wenn er findet, wird er bestürzt sein. Und wenn er bestürzt ist, wird er erstaunt sein. Und er wird König sein über das All.
003 Jesus sprach: Wenn die euch verführen, sagen: Seht, das Reich ist oben im Himmel! Und sie hätten recht, dann kämen euch die Vögel am Himmel zuvor. Und wenn sie sagen: Sehet, das Reich ist unten im Meer! Und sie hätten recht, dann kämen euch die Fische im Meer zuvor. Denn das Reich ist in eurem Innern, und es ist auch außerhalb von euch. Indem ihr euch erkennt, werdet ihr erkannt, und ihr erkennt, dass ihr die Kinder eines lebendigen Vaters seid. Aber erkennt ihr euch nicht, dann bleibt ihr in eurem Elend und seid das Elend selbst.
004 Jesus sprach: Zögert ein hochbetagter Mann nicht, ein kleines Kind von sieben Tagen nach dem Ort des Lebens zu fragen, so wird er leben. Denn viele Erste werden Letzte sein, aber sie werden alle zu einem werden.
005 Jesus sprach: Erkenne, was dir vor Augen liegt, und was dir verborgen war, enthüllt sich dir! Denn nichts ist verdeckt, das nicht entdeckt würde, und nichts liegt begraben, das nicht erweckt würde.
006 Seine Schüler baten und fragten Jesus: Willst du, dass wir fasten? Wie sollen wir beten und Spenden geben? Was für Nahrung sollen wir zu uns nehmen und welche meiden? Er aber antwortete: Sprecht keine Lügen und tut nicht, was ihr verabscheut!
007 Jesus sprach: Selig ist der Löwe, den der Mensch isst - denn dadurch wird der Löwe Mensch. Aber elend ist der Mensch, den der Löwe frisst - denn dadurch wird der Mensch zum Löwen.
008 Jesus sprach: Der Mensch ist mit einem klugen Fischer zu vergleichen, der sein Netz ins Meer warf und es voll kleiner Fische aus dem Meer zog. Darunter fand der kluge Fischer einen großen guten Fisch. Er warf alle kleinen Fische zurück ins Meer, und behielt ohne lange zu überlegen, nur den großen Fisch. Wer Ohren hat zu hören, der soll hören.
009 Jesus sprach: Seht, der Sämann kam heraus, füllte seine Hand und säte aus. Einige Körner fielen auf den Weg, da kamen Vögel und pickten sie auf. Andere Körner fielen auf Felsen, konnten keine Wurzeln nach unten in die Erde schlagen und keine Ähren nach oben in den Himmel treiben. Andere fielen in die Dornen, und erstickten den Samen und die Würmern fraßen ihn. Wieder andere fielen auf gute Erde, Sich brachte gute Frucht hervor und trug das Sechzigfach und Hundertundzwanzigfach.
010 Jesus sprach: Ich habe ein Feuer auf die Welt geworfen, und siehe, ich hüte es bis es lodert.
011 Jesus sprach: Dieser Himmel und der über ihm wird vergehen. Die Toten leben nicht, und die Lebendigen werden nicht sterben. Indem ihr esst, was tot war, macht ihr daraus etwas, das lebt. Da ihr nun ins Licht geht – was wollt ihr tun? Obwohl ihr einer seid, wurdet ihr zwei; da ihr nun zwei seid – was wollt ihr tun?
012 Jesu Schüler sprachen: Wir wissen, dass du uns verlässt. Doch wer führt uns dann? Jesus entgegnete: Wo ihr angekommen seid, da geht zu Jakobus dem Gerechten; für ihn sind Himmel und Erde gemacht.
013 Jesus zu seinen Jüngern: Vergleicht mich und sagt mir, wem ich gleiche! Da sagte Simon Petrus: Du bist wie ein gerechter Engel. Und Matthäus sagte zu ihm: Du bist ein Mensch, einsichtig wie ein Philosoph. Thomas aber erwiderte: Meister, mein Mund kann unmöglich sagen, wem du gleich bist! Da sprach Jesus: Ich bin nicht dein Meister; denn du hast getrunken und dich berauscht an der sprudelnden Quelle, die ich ausgemessen habe. Und er nahm ihn beiseite und sprach drei Worte zu ihm. Als Thomas dann zu seinen Gefährten zurückkam, fragten sie ihn: Was hat Jesus mit dir gesprochen? Thomas erwiderte ihnen: Wenn ich euch eins der Worte mitteile, die er mit mir gesprochen hat, dann würdet ihr mit Steinen nach mir werfen, und Feuer würde aus den Steinen sprühen und euch verbrennen.
014 Jesus sprach: Wenn ihr fastet (und bleibt doch die alten), schafft ihr euch nur Sünde. Und wenn ihr betet, richtet ihr euch nur selbst. Und wenn ihr Almosen gebt, fügt ihr eurem Geist nur Schaden zu. Wenn ihr in irgendein Land geht und es durchwandert und wenn man euch dann aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt, und heilt die Kranken unter ihnen. Denn was hineingeht in euren Mund, verunreinigt euch nicht. Aber was aus eurem Munde herauskommt, das ist es, was euch unrein macht.
015 Jesus sprach: Wenn ihr den von keiner Frau Geborenen seht, dann werft euch nieder auf euer Angesicht und verehrt ihn! Denn er ist euer Vater.
016 Jesus sprach: Die Menschen meinen, dass ich gekommen bin, um Frieden auf die Erde zu bringen. Aber sie wissen nicht, dass ich gekommen bin, Streit auf die Erde zu bringen, Feuer, Schwert und Krieg. Denn es werden fünf sein in einem Hause. Drei werden gegen zwei sein, und zwei gegen drei, der Vater gegen den Sohn, und der Sohn gegen den Vater. Und jeder wird allein dastehen.
017 Jesus sprach: Ich gebe euch, was kein Auge je gesehen, was kein Ohr je gehört und was keine Hand je berührt hat – was in keines Menschen Herz je aufgestiegen ist!
018 Die Schüler baten Jesus: Sag uns doch, wie unser Ende ist! Jesus aber sprach: Habt ihr denn schon den Anfang entdeckt, dass ihr nach dem Ende fragt? Denn wo der Anfang war, da wird das Ende sein. Selig, wer im Anfang steht! Denn er erkennt das Ende, und wird den Tod nicht schmecken.
019 Jesus sagte: Selig, wer war, bevor er wurde! Wenn ihr mir folgt und auf meine Worte hört, dann dienen die Steine hier euch. Denn ihr habt fünf Bäume im Paradies, die kein Sommer und kein Winter bewegt und deren Blätter nicht fallen. Wer sie kennt, der wird den Tod nicht schmecken.
020 Die Schüler baten Jesus: Sage uns, wie das Himmelreich aussieht! Er sprach zu ihnen: Gleich einem Senfkorn ist es kleiner als alle anderen Samen. Wenn es aber auf Land fällt, das man bebaut, dann treibt es einen großen Spross empor und wird zum Schutz für die Vögel am Himmel.
021 Maria sagte zu Jesus: Wem gleichen deine Jünger? Er sagte: Sie gleichen kleinen Kindern, die sich auf ein Feld gesetzt haben, das ihnen nicht gehört. Wenn aber die Eigentümer kommen und sagen: Verlasst unser Land, dann sind sie vor denen nackt, und müssen denen ihr Feld überlassen. Und ich sage euch, Wenn der Hausherr erfährt, dass sich ein Dieb nähert, so wird er wachen und ihn zum Schutz seines Eigentums nicht in sein Haus eindringen lassen. Ihr aber wacht gegenüber der Welt. Gürtet euch um eure Lenden mit großer Kraft, damit die Räuber keinen Weg zu euch finden. Denn man wird die Frucht, die ihr erwartet, auf jeden Fall zu finden wissen. Mögen also unter euch verständige Menschen erstehen, die bei der Fruchtreife für die Ernte schnell mit der Sichel zur Hand sind. Wer Ohren hat zu hören, der höre.
022 Jesus sah, wie Babys die Brust bekamen. Darauf sprach er zu seinen Schülern: Diese Säuglinge gleichen denen, die ins Reich kommen. Sie fragten ihn: Indem wir also uns klein machen, kommen wir ins Reich? Jesus aber sprach zu ihnen: Wenn ihr aus zwei eins macht; wenn ihr das Innere wie das Äußere, das Äußere wie das Innere und das Obere wie das Untere macht; wenn ihr Mann und Frau vereinigt, so dass der Mann nicht Mann und die Frau nicht Frau bleibt; wenn ihr mit neuen Augen seht, mit neuen Händen handelt, mit neuen Füßen geht und ein neues Bild aus euch macht – dann kommt ihr ins Reich.
023 Jesus sprach: Ich suche euch aus, einen unter tausend und zwei unter zehntausend, und sie stehen da wie nur einer.
024 Seine Schüler baten Jesus: Zeig uns den Ort, wo du bist! Denn den müssen wir suchen. Er antwortete: Im Innern des aus dem Licht stammenden Menschen leuchtet ein Licht, und es erleuchtet die ganze Welt. Wenn dieses Licht nicht leuchtet, herrscht Finsternis.
025 Jesus sprach: Liebe deinen Bruder wie deine Seele! Hege ihn wie deinen Augapfel!
026 Jesus sprach: Den Splitter im Auge deines Bruders siehst du. Den Balken aber vor deinen Augen siehst du nicht. Wenn du den Balken vor deinen Augen wegnimmst, dann siehst du genug, um den Splitter aus dem Auge deines Bruders zu ziehen.
027 Jesus sagt: Wenn ihr euch nicht der Welt enthaltet, werdet ihr das Reich nicht finden. Wenn ihr den Sabbat nicht wirklich zum Sabbat macht, werdet ihr den Vater nicht sehen.
028 Jesus: Ich stand mitten in der Welt und erschien ihnen im Fleisch. Alle fand ich trunken, keinen durstig, und meine Seele leidet um die Menschenkinder. Denn blind sind sie in ihrem Herzen und sehen nicht, dass sie leer in die Welt gekommen sind [und alles tun, um leer wieder aus der Welt zu gehen. Noch sind sie trunken. Erst wenn sie ihren Wein ausgeschieden haben, werden sie sich bekehren.
029 Jesus: Ist das Fleisch für den Geist da, dann ist es ein Wunder, und ist der Geist für den Leib da, dann ist er das Wunder eines Wunders. Ich aber wundere mich, wie sich ein solcher Reichtum in einem solchen Elend niedergelassen hat.
030 Jesus: Wo drei Götter sind, da ist gar kein Gott. Wo zwei eins sind oder nur einer – ich bin mit ihm! Stell den Stein auf, und mich findest du! Spalte das Holz, und da bin ich!
031 Jesus sagte: Kein Prophet ist in seinem Dorf willkommen, und kein Arzt heilt diejenigen, die ihn kennen.
032 Jesus: Eine Stadt, die hoch auf einem Berg gebaut und befestigt ist, kann weder fallen noch verborgen bleiben. Ich bin das Licht über allem, und das All bin ich.
033 Jesus: Was du mit eigenen Ohren hörst, das gib allen bekannt auf euren Dächern! Denn niemand zündet eine Lampe an und stellt sie dann unter den Scheffel oder an einen verborgenen Ort. Sondern man steckt sie auf einen Leuchter, damit alle, die kommen und die gehen, ihr Licht sehen!
034 Jesus: Wenn ein Blinder einen Blinden führt fallen beide in die Grube.
035 Jesus: Es ist nicht möglich, dass jemand in das Haus eines Starken eindringt, und es mit Gewalt an sich nimmt. Es sei denn, er bindet dessen Hände. Dann wird er das Haus ausräumen können.
036 Jesus redete: Sorgt euch nicht von früh bis spät und von Abend bis Morgen, was ihr anzuziehen habt.
037 Jesu Jünger fragten: Wann wirst du uns erscheinen, und wann werden wir dich sehen? Jesus entgegnete: Wenn ihr eure Furcht vor der Blöße ablegt, und eure Kleider nehmt, sie unter eure Füße legt wie die kleinen Kinder, und sie zertretet, dann werdet ihr den Sohn des Lebendigen sehen, und ihr werdet euch nicht fürchten.
038 Jesus: Oftmals habt ihr danach verlangt, diese Worte zu hören, die ich euch sage. Keinen anderen werdet ihr finden, sie von ihm zu hören. Es werden aber Tage kommen, wo ihr mich sucht und nicht finden werdet.
039 Jesus: Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben die Schlüssel der Erkenntnis empfangen und haben sie versteckt. Selbst sind sie nicht hineingegangen, aber sie ließen auch die nicht hineingehen, die es wollten.
040 Jesus: Ein Weinstock, der außerhalb des Vaters gepflanzt wird, wächst nicht auf festem Grund. Er wird daher mit seinen Wurzeln ausgerissen und zugrunde gehen.
041 Jesus: Wer etwas in der Hand hat, dem wird gegeben. Und wer nicht genug hat, dem wird auch das, was er hat, weggenommen.
042 Jesus: Seid Vorübergehende!
043 Seine Schüler fragten ihn: Wer bist du, der so zu uns sprichst? Er antwortete: Erkennt ihr aus dem, was ich sage, nicht, wer ich bin? Ach, ihr seid geworden wie die Juden! Die lieben den Baum und hassen die Frucht, oder sie lieben die Frucht und hassen den Baum.
044 Jesus: Wer den Vater und den Sohn lästert, dem wird vergeben werden. Wer aber den heiligen Geist lästert, dem wird nicht vergeben werden, weder auf Erden noch im Himmel.
045 Jesus sprach: Vom Dornstrauch erntet man keine Trauben, und vom Weißdorn pflückt man keine Feigen; sie bringen kein Obst. Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus seinem Vorrat, und ein schlechter Mensch bringt Schlechtes hervor aus seinem Vorrat, der im Herzen ist. Aus dem Überfluss seines Herzens bringt er Böses hervor.
046 Jesus sagte: Von Adam an ist unter den von Frauen Geborenen keiner, der Johannes den Täufer übertrifft, und der vor ihm nicht die Augen senken müsste. Aber ich sage euch: Wer ein Kind wird, der wird das Reich erkennen und Johannes übertreffen.
047 Jesus: Kein Mensch kann auf zwei Pferde steigen oder zwei Bögen spannen, und kein Knecht kann zwei Herren dienen, oder er achtet einen und missachtet den anderen. Auch näht man keinen alten Lappen auf ein neues Kleid; denn sonst entsteht ein Riss. Niemand trinkt alten Wein und will dann sofort neuen trinken. Den neuen Wein gießt man nicht in alte Schläuche, damit sie nicht platzen, und in einen neuen Schlauch gießt man keinen alten Wein, damit der neue Schlauch nicht den alten Wein verdirbt.
048 Jesus: Wenn zwei im selben Haus miteinander Frieden machen, dann befehlen sie dem Berg, anderswo hinzugehen, und er geht woanders hin.
049 Jesus sprach: Selig seid ihr Einsamen, die ihr auserwählt seid das Reich zu finden. Denn aus ihm seid ihr gekommen, und erneut geht ihr dahin zurück.
050 Jesus sprach: Fragt man euch, woher ihr kommt, dann antwortet: Wir kommen aus dem Licht, wo es aus sich heraus entstanden ist; es machte sich auf, und erschien in vielen Bildern. Fragt man euch, wer ihr seid, dann antwortet: Wir sind seine Kinder und auserwählt vom lebendigen Vater. Fragt man nach dem Zeichen eures Vaters an euch, dann antwortet: Bewegung ist es und Unbeweglichkeit.
051 Die Jünger fragten Jesus: Wann wird die Ruhe der Toten eintreten, und wann wird die neue Welt kommen? Er antwortete: Die Ruhe, die ihr erwartet, ist ja schon gekommen. Nur erkennt ihr sie nicht.
052 Seine Jünger sagten zu ihm: In Israel haben vierundzwanzig Propheten gesprochen, und alle sprechen durch dich. Er antwortete: So wendet ihr euch von mir "dem Lebendigen" ab, und redet stattdessen von den Toten.
053 Seine Jünger fragten ihn: Ist die Beschneidung nützlich oder nicht? Er aber sprach zu ihnen: Wäre sie nützlich, dann würden Männer von ihrem Vater schon im Mutterleib beschnitten gezeugt.
054 Jesus: Selig ihr Armen! Denn euch gehört das Himmelreich.
055 Jesus erklärte: Wer Vater und Mutter nicht hasst, der kann nicht mein Jünger sein. Und wer Brüder und Schwestern nicht hasst und sein Kreuz trägt wie ich, der ist meiner nicht wert.
056 Jesus: Wer die Welt erkannt hat, der hat eine Leiche gefunden, und wer die Leiche findet, der steht der Welt vor.
057 Jesus: Mit dem Reich des Vaters ist es wie bei einem Mann, der Korn säte. In der Nacht kam sein Feind und säte Unkraut unter das Korn. Aber der Mann ließ niemand das Unkraut ausreißen. Er sagte zu seinen Leuten: Dass ihr mir ja nicht hingeht und das Unkraut jätet! Mit ihm würdet ihr den Weizen ausreißen. Erst am Tag der Ernte ist das Unkraut gut zu erkennen. Und dann wird es ausgerissen und verbrannt.
058 Jesus: Selig der Mensch, der gelitten hat! Er hat das Leben gefunden.
059 Jesus: Schaut nach dem Lebendigen aus, während ihr lebt! Sonst sucht ihr ihn, wenn ihr sterbt, und könnt ihn nicht sehen.
060 Da war einer aus Samarien, der ein Lamm trug und nach Judäa ging. Jesus fragte nun seine Schüler: Was will der mit dem Lamm? Sie antworteten ihm: Es schlachten und essen. Er aber entgegnete ihnen: Solange es lebt, wird er es nicht essen. Doch erst dann, wenn er es tötet, und es eine Leiche geworden ist. Und sie sagten: Anders wird er es nicht machen können! Daraufhin sprach er zu ihnen: Sucht auch ihr einen Ort, um auszuruhen, damit ihr keine Leichname werdet, und man euch isst!
061 Jesus: Zwei ruhen auf einem Bett. Einer wird sterben, der andere leben. Da fragte Salome: Woher hast du das? Was bist du für ein Mensch! Du hast auf meinem Bett gelegen und von meinem Tisch gegessen. Ihr antwortete Jesus: Mein Leben stammt aus dem Licht; was meinem Vater gehört, davon ist mir gegeben. Da sagte Salome: Ich bin deine Schülerin. Deswegen sage ich: Wer leer ist, den erfüllt Licht. Ist einer aber in sich gespalten, dann füllt ihn Dunkelheit.
062 Jesus sprach: Ich teile meine Geheimnisse mit denen, denen ich sie mitteile. Was deine Rechte tut, soll deine Linke nicht erkennen können.
063 Jesus: Es war einmal ein reicher Mann, der viel besaß. Der plante: Ich will mein Vermögen einsetzen, um zu säen und zu pflanzen, zu ernten und meine Speicher zu füllen mit Früchten, auf dass mir nichts fehle. So dachte er in seinem Herzen und starb noch in der gleichen Nacht. Wer Ohren hat, der höre.
064 Jesus: Ein Mann hatte Gäste, und als das Abendessen zubereitet war, schickte er seinen Diener, um die Gäste zu holen. Der Diener ging zum ersten und sagte: Mein Herr hat dich eingeladen. Der erwiderte: Ich habe Geld bei Kaufleuten. Heute am Abend kommen sie zu mir, und ich will ihnen Aufträge geben. Ich bitte, mich beim Essen zu entschuldigen. Er ging zu einem anderen und sagte: Mein Herr hat dich eingeladen. Der erwiderte: Ich habe ein Haus gekauft. Da werde ich heute gebraucht. Leider habe ich keine Zeit. Er ging zu einem anderen und sagte: Mein Herr hat dich eingeladen. Der erwiderte: Mein Freund heiratet, und ich richte das Hochzeitsmahl aus. Ich kann nicht kommen und bitte, mich zu entschuldigen. Er ging zu einem anderen und sagte: Mein Herr hat dich eingeladen. Der erwiderte: Ich habe ein Dorf gekauft und will die Pacht abholen. Ich kann nicht kommen und bitte, mich zu entschuldigen. Der Diener kam zurück und berichtete seinem Herrn: Die Gäste, die du zum Essen eingeladen hast, lassen sich entschuldigen. Der Herr aber sprach zu seinem Diener: Geh hinaus auf die Straßen! Hol herein zum Abendessen, die du triffst! Für die Käufer und die Verkäufer sind keine Plätze frei im Haus meines Vaters.
065 Jesus: Ein gütiger Mann besaß einen Weinberg. Den gab er Arbeitern, um im Weinberg zu arbeiten und die Ernte einzubringen. Er schickte einen Knecht, um den Ertrag des Weinbergs abzuholen. Sie aber packten den Knecht und schlugen ihn beinah tot. Der Knecht lief davon und berichtete seinem Herrn. Der Herr dachte: Vielleicht haben sie ihn nicht gekannt. Er schickte einen anderen Knecht, und die Arbeiter schlugen auch ihn. So sandte er seinen Sohn und dachte: Meinen Sohn werden sie wohl respektieren. Als die Arbeiter aber den Erben des Weinbergs erkannten, da packten sie ihn und schlugen ihn tot. Wer Ohren hat, der höre.
066 Jesus: Zeigt mir den Stein, den die Bauleute verworfen haben. Er ist der Eckstein.
067 Jesus: Wenn einer das All erkennt, aber sich selbst nicht, so verfehlt er alles.
068 Jesus: Selig ihr, die man hassen und verfolgen wird! Denn dort wo man euch verfolgt, ist kein Ort euch zu finden.
069 Jesus: Selig sind, die in ihrem Herzen verfolgt werden. Denn sie sind es, die den Vater in Wahrheit erkannt haben. Selig ihr Hungrigen! Denn den Bauch dessen, der will, wird man füllen.
070 Jesus: Wenn ihr jenes in euch erzeugt, dann wird das, was ihr habt, euch erretten. Wenn ihr jenes nicht in euch habt, dann wird dass, was ihr nicht in euch habt euch, töten.
071 Jesus: Ich werde dieses Haus zerstören, und niemand wird es wieder aufbauen können.
072 Es bat jemand Jesus: Sag meinen Brüdern, sie sollen das Erbe unseres Vaters mit mir teilen! Darauf Jesus: Mensch, wer hat mich zum Teiler bestellt? Dann wandte er sich an seine Schüler und sprach zu ihnen: Bin ich etwa einer, der teilt?
073 Jesus sagte: Die Ernte zwar ist groß, aber nur wenige Arbeiter sind da. Darum bittet den Herrn, dass er zur Ernte genügend Arbeiter schickt!
074 Jesus: Herr, viele drängen sich um den Brunnen, aber noch niemand ist an den Brunnen herangetreten.
075 Jesus: Viele stehen vor der Tür, doch nur die Einsamen sind es, die ins Brautgemach eintreten werden.
076 Jesus: Mit dem Reich des Vaters ist es wie bei einem Kaufmann, der mit Waren handelte und eine Perle fand. Der Kaufmann war klug. Er verkaufte die Waren und behielt nur die Perle. Sucht auch ihr nach solchem Schatz, der nicht vergeht und dort bleibt, wo keine hungrige Motte hinkommt, und den auch kein Wurm verdirbt!
077 Jesus: Ich bin das Licht über allem, und das All bin ich. Aus mir ist das All hervorgegangen, und alles ist bei mir angekommen. Spaltet das Holz – ich bin da! Hebt einen Stein auf – ihr findet mich!
078 Jesus: Wozu seid ihr in die Wüste gekommen? Wolltet ihr sehen, wie ein Schilfrohr sich im Wind beugt? Wolltet ihr einen Menschen sehen, der weiche Kleider trägt? Dann geht zu Königen und vornehmen Leuten! Sie tragen weiche Kleider, und können die Wahrheit nicht erkennen.
079 Aus der Menge pries eine Frau Jesus: Gesegnet der Schoß, der dich getragen, und die Brüste, die dich genährt haben! Er aber sprach: Gesegnet sind, welche des Vaters Wort gehört und bewahrt haben in Wahrheit. Denn es werden Tage kommen, da preist ihr den Schoß glücklich, der nicht empfangen, und die Brüste, die keine Milch gegeben haben.
080 Jesus: Wer die Welt erkannt hat, der hat nur den Leib entdeckt. Wer aber den Leib entdeckt hat, der steht der Welt vor.
081 Jesus: Wer wahrhaft reich geworden ist, der soll herrschen, und wer die Macht erlangt hat, der soll sie aufgeben.
082 Jesus sprach: Wer mir nah ist, der ist dem Feuer nahe. Und wer mir fern ist, der ist fern vom Reich.
083 Jesus: Die Bilder sind dem Menschen sichtbar, und das Licht in ihnen bleibt verborgen. So offenbart sich der Vater, doch bleibt sein Bild umgekehrt verborgen in seinem Licht.
084 Jesus sprach: Jetzt freut ihr euch, euresgleichen zu sehen. Wenn ihr aber eure Abbilder seht, die vor euch bestanden haben und die weder sterben noch offenbar werden – wie viel könnt ihr ertragen?
085 Jesus: Aus großer Kraft und aus großem Reichtum ist Adam entstanden, und dennoch war er euer nicht würdig. Denn wäre er es gewesen, dann hätte er den Tod nicht geschmeckt.
086 Jesus: Die Füchse haben ihre Höhlen, und die Vögel ihre Nester. Nur des Menschen Sohn hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann, um sich auszuruhen.
087 Jesus: Elend ist der Leib, der abhängig ist von einem Leibe. Und elend die Seele, die von diesen beiden abhängt.
088 Jesus: Gesandte und Propheten kommen und geben euch das Eure. Gebt ihr ihnen, was in euren Händen ist, und fragt euch, wann sie kommen, um das Ihre zu empfangen!
089 Jesus: Warum wascht ihr das Äußere des Bechers? Versteht ihr nicht, dass der, der das Innere gemacht hat, auch der ist, der das Äußere gemacht hat.
090 Jesus sagte: Kommt zu mir! Denn sanft ist mein Joch und mild meine Herrschaft, und ihr findet für euch Ruhe.
091 Sie sprachen zu Jesus, Sage uns, wer du bist, damit wir an dich glauben. Er antwortete: Ihr prüft die Äußerlichkeit des Himmels und der Erde. Aber den, der vor euch steht, erkennt ihr nicht, und diesen Augenblick wisst ihr nicht zu prüfen.
092 Jesus: Sucht, und ihr werdet finden. Aber damals fragtet ihr mich nach etwas und ich sagte es euch nicht. Jetzt, wo ich es euch sagen will, fragt ihr mich nicht danach.
093 Jesus: Was heilig ist, das gebt nicht den Hunden, damit sie es nicht in den Dreck ziehen! Werft keine Perlen vor die Schweine, die nichts daraus machen!
094 Jesus: Wer sucht wird finden. Und wer anklopft, dem wird geöffnet werden.
095 Jesus: Wenn ihr Geld besitzt, dann leiht nicht auf Zinsen, sondern gebt das Geld dem, von dem ihr es nicht zurückbekommt.
096 Jesus: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau. Sie nahm etwas Sauerteig, tat ihn ins Mehl, und machte große Brote daraus. Wer Ohren hat zu hören, der höre.
097 Jesus: Das Reich des Vaters gleicht einer Frau, die einen Krug voll mit Mehl trug. Während sie einen weiten Weg ging, brach der Henkel des Kruges ab. Im Krug entstand ein Loch, durch das auf dem Weg hinter ihr Mehl verloren ging. Die Frau merkte nichts und ahnte nichts Böses. Doch als sie ins Haus trat und den Krug hinstellte, fand sie ihn leer.
098 Jesus: Mit dem Reich des Vaters ist es wie bei einem Mann, der einen Edlen umbringen wollte. Im eigenen Haus zog er das Schwert und durchstieß die Wand, um seine Kraft auszuprobieren. So brachte er den Edlen um.
099 Die Schüler sprachen zu Jesus: Deine Brüder und deine Mutter stehen draußen. Darauf entgegnete er: Diejenigen, die den Willen meines Vaters tun, sind meine Brüder und meine Mutter. Sie sind es, die in das Reich meines Vaters eingehen werden.
100 Jesus sprach: Man zeigte Jesus eine Goldmünze und sagte ihm: Beamte des Kaisers fordern Steuern von uns. Er aber sprach zu den Leuten: Gebt dem Kaiser, was seines ist. Gebt Gott, was Gottes ist. Und was mein ist, das gebt mir!
101 Jesus: Wer nicht Vater und Mutter hasst wie ich, der kann mir nicht folgen. Und wer nicht den Vater liebt und seine Mutter wie ich, der kann mir nicht folgen. Denn eine Mutter brachte mich zur Welt, aber die wahre Mutter gab mir das Leben.
102 Jesus: Wehe den Pharisäern! Denn sie sind wie ein Hund, der am Trog der Rinder liegt. Er frisst nicht, und er lässt die Rinder nicht fressen.
103 Jesus sagte: Selig der Mensch, der weiß, wann in seinem Haus nachts die Diebe einbrechen werden! So kann er aufstehen, seine Diener sammeln und sich rüsten, ehe sie kommen.
104 Die Leute sagten zu Jesus: Komm, lass uns heute beten und fasten! Jesus aber sprach: Was für eine Sünde habe ich denn begangen? Wessen bin ich überführt? Ist der Bräutigam erst aus dem Brautzimmer gegangen, dann lasst die Leute fasten und beten.
105 Jesus: Wer den Vater und die Mutter kennt, wird man den Hurensohn rufen?
106 Jesus sprach: Wenn ihr aus zweien eins macht, dann werdet ihr Söhne des Menschen. Und wenn ihr dann dem Berg befehlt, sich wegzuheben, so wird er verschwinden.
107 Jesus: Mit dem Reich ist es wie bei einem Hirten, der hundert Schafe hütete. Das größte verirrte sich. Da ließ er die neunundneunzig allein, und suchte das eine, bis er es fand. Und nach all seinen Mühen sagte er zu dem Schaf: Dich liebe ich mehr als die neunundneunzig.
108 Jesus: Wer von meinem Mund trinkt, der wird wie ich, und ich selbst werde er, und das Verborgene wird ihm offenbar.
109 Jesus: Mit dem Reich ist es wie bei einem Mann, in dessen Acker ein verborgener Schatz lag. Davon wusste er nichts. Als er starb, erbte alles sein Sohn. Auch er wusste nichts, nahm den Acker und verkaufte ihn. Als der Käufer aber den Acker pflügte, da kam der Schatz zum Vorschein. Und er lieh Geld aus gegen Zinsen, wem er wollte.
110 Jesus sagte: Wer die Welt gefunden hat, und reich geworden ist, soll der Welt entsagen.
111 Jesus sprach: Auch wenn Himmel und Erde untergehen – wer aus dem Lebendigen lebt, der empfindet weder Tod noch Furcht. Denn wer sich selbst findet, der ist über die Welt hinaus.
112 Jesus sprach: Wehe dem Fleisch, das von der Seele abhängig ist! Wehe der Seele, die von dem Fleisch abhängig ist.
113 Die Jünger fragten Jesus: Wann wird denn das Reich kommen? Er aber sprach: Es kommt nicht, indem ihr darauf wartet. Man kann nicht sagen: Hier oder da ist es. Denn das Reich des Vaters ist schon ausgebreitet über die Erde, nur können es die Menschen nicht sehen.
114 Simon Petrus forderte: Maria soll uns verlassen; denn Frauen verdienen das Leben nicht. Jesus aber sprach: Seht, ich werde sie führen und männlich machen, so dass sie ein lebendiger Geist wird, wie auch ihr Männer! Denn jede Frau, wenn sie sich männlich macht, geht ins Himmelreich ein.





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