MITHRAS-RELIGION
1. Herkunft & Begriff
Der Gott Mithra ist persischen Ursprungs. Er wurde schon vor
dem
Auftreten Zarathustras (Prophet des Zoroastrismus) verehrt, sollte
aber dann für Jahrhunderte durch die Zarathustra-Lehre
verdrängt
werden. Der altpersische Begriff 'Mithra' bedeutet „Vertrag“,
daher ist er Schützer des Vertragsrechtes und der „Weitschauende,
der immer Wachende“, der jedes Unrecht sieht.
2. Verbreitung
Die als 'Mithraskult' oder 'Mithraismus' bezeichnete
Mysterienreligion
entstand um die Zeitenwende und wurde erstmals von Publius
Papinius Statius (um 40 - 96) erwähnt. Im römischen Imperium
verbreitete sich der Kult mit der gleichen ungeheurer Geschwindigkeit
wie später das Christentum. Die Begleiter des 'Mithras' sind
Cautes und Cautopates, die den Tag und die Nacht symbolisieren.
Zusammen mit ihm bilden sie eine göttliche Trinität, die
Anfang, Ende Verlorenheit und Errettung des Kosmos bedeuten. Der
Mithraismus wurde vor allem durch Soldaten, Händler und Sklaven
bis nach Nordafrika, Spanien, Gallien, Germanien und Britannien
gebracht. Der Ausgangspunkt der Mithrasreligion für den Okzident
war Kilikien in Kleinasien, die Heimatprovinz des Apostel Paulus. Dort
war der Mithrasglaube fast hundert Jahre vor Paulus schon eingedrungen.
Die moderne Bibelforschung konnte eine Reihe von Entsprechungen
zwischen seinen Predigten und Inhalten des Mithraskultes feststellen.
Frühesten Zeugnisse der Mithrasreligion stammen aus dem 1.
Jahrhundert n. Chr. Im
2. und 3. Jahrhundert kommt es dann zu einem vermehrten aufrtreten.
Reste
von Kultstätten fand man vor allem in Deutschland, am gesamten
Verlauf
des Rheins, mit Schwerpunkt Rhein-Main-Gebiet und in England. Entlang
des
Limes folgten sie dem Limes bis nach Pannonien. Daher wurde auch der
Eindruck
geweckt, dass der Mithraskult eine Soldatenreligion gewesen sei. Ihm
gehörten
jedoch weite Teile der römischen Beamtenschaft an. Im 3.
Jahrhundert
war Rom das Zentrum der Mithrasverehrung. Dort wurden die
Überreste
von ca. 800 Mithraskultstätten vorgefunden. In der weiteren
theologischen Entwicklung wurde Mithras mit dem Sol Invictus, dem
unbesiegbaren römische Sonnengott personifiziert. In der
Darstellung erhielt Mithras daher einen Strahlenkranz.
3. Kultstätten (Mithräen)
Die Verehrung des Mithras erfolgte in Mithras-Heiligtümern,
die
Mithräen genannt wurden und in größerer Zahl in
Deutschland ausgegraben werden konnten. das Mithräum könnte
man auch
als Mithraskirche bezeichnen. Die jedoch nach aussen hin unsichtbar
war, denn die Versammlungsräume befanden sich unter der Erde. Es
waren
langgestreckte Gewölbe, an deren Westseite der Mithrasaltar stand.
Das Altarbild des Mithras richtete sich jedoch, anders als bei den
christlichen
Altären, nach Osten. Im Altertum stellte man sich damals das
Himmelsgewölbe als eine steinerne Decke vor, weil von ihm
Meteoriten herabfielen. Analog war auch das Gewölbe des
Mithräums als Sternhimmel gemalt.
Die Mithrasanhänger stiegen also nur scheinbar unter die Erde.
nach
ihrer Auffassung versammelten sie sich unter dem Himmelszelt. Der
Mithraslehre zufolge geschieht der Aufstieg zum Ewigen (Fixsternen)
über die Planeten unseres Sonnensystems. Nach damaliger Auffassung
gab es sieben Planeten, zu den auch Mond und Sonne gehörten. Mit
ihren Bewegungen tragen
sie die Seelen zum ewigen Fixsternhimmel hinauf. Eine besondere Rolle
kommt hierbei der Sonne zu, die in ihrem Gang durch das Jahr zweimal
den den Himmelsäquator schneidet. Jeweils zur Tag- und
Nachtgleiche im
März und im September. Diese Schnittpunkte sind die Stationen der
Seele
zum Wechsel in die Fixsternwelt. Zu diesen beiden Zeitpunkten wurden
daher
auch die Hauptfeste des Mithraskultes gefeiert. Aber für den
unterirdischen
Aufenthalt gab es noch eine andere Ursache: für die Umwelt sollte
das
Mithräum ein geheimer Ort bleiben. Daher wurde der Mithraskult
auch
als Geheimkult und als Mysterienreligion angesehen. Seine
Anhängerschaft
bestand nur aus männlichen Mitgliedern.
|
|
|
Rekonstruktion
Mithräum Riegel (o. l.)
Mithräum Riegel (o.)
Mithräum London ( l.)
|
4. Glaubensinhalte
Grundlage bildet der Altiranische Glaube vom ewigen Kampf
des Lichtes
gegen die Finsternis, der sich zum Dualismus zwischen Gut und Böse
vergeistigte. Den lichten Mächte stehen den finsteren Mächten
gegenüber. Am Ende werden die finsteren Mächte besiegt und
überwunden
werden. Die Religion Zarathustras kennt zwei Götter: Ahura Mazda,
der Gott des Guten und Ahriman, den Gott des Bösen und der
Finsternis.
Mithras ist das Auge des Himmelsgottes Ahura Mazda. Sichtbares Sinnbild
des Auges des Himmelsgottes ist die Sonne. Deshalb wurde Mithras auch
mit
dem Sonnengott gleichgesetzt oder steht in einer besonderen Beziehung
zum
Sonnengott. Mithras kämpft gegen die Dämonen Ahrimans, aber
auch
gegen die Gottlosen und Vertragsbrüchigen. Er liebt die Wahrheit
und
die Treue. Beim Tod eines Menschen, muß seine Seele den Weg zu
Gott finden,
um sich mit ihm zu vereinen. Der Lichtfunke der Seele muß sich
mit dem sonnenähnlichen Licht Gottes vereinen. Die Seele gelangt
zunächst in den Bereich unterhalb des Mondes. Jenseits des Mondes
trifft sie dann auf die Dämonen und Naturgeister, die im Wasser,
in der Luft oder
in der Erde wohnen. Dann kommt die Sphäre der Planeten und
Planetengötter, mit Mars, Jupiter, Venus, Heillos usw.
Darüber folgt dann der Bereich der Fixsterne mit dem Zodiakus.
Damit die Seele wohlbehalten am Ziel
ankommt, muß sie sich der Mensch bereits zu Lebzeiten auf ihre
Reise
durchs Jenseits vorbereiten. Ihr göttlicher Geleiter ist Mithras.
In einem Mithräum konnte der Gläubige seine Seele auf eine
vorweggenommene Reise schicken, um ihren Weg ins Jenseits zu erkunden.
5. Struktur und Weihegrade
Das Gemeindeoberhaupt trug den Namen pater patrum (Vater der
Väter), wie auch der Oberpriester des Attiskultes und der Papst in
Rom. Die Priester führten häufig den Titel „Vater", und die
Gläubigen nannten sich „Brüder", eine Bezeichnung, die auch
in anderen Kulten üblich war, zum Beispiel in dem des Jupiter
Dolichenus, wo die Mitglieder „fratres carissimi" hießen, lange
bevor die Christen denselben Terminus
gebrauchten.
Die Eingeweihten des Mithraskultes mussten sieben Weihegrade
durchlaufen: Rabe, Nymphus, Soldat, Löwe, Perser,
Sonnenläufer und Pater. Die sieben Grade, die stufenweise zu einer
Gemeinschaft mit dem Gott hinführten, waren jeweils mit bestimmten
Riten verbunden, die die sieben Sphären/Planeten darstellten. So
wurde beim Weihestadium des Soldaten der Adept zu Tode erschreckt, dass
er glauben musste, dem Tode nahe zu sein. Die höheren Weihegrade
begannen mit der Stufe des Persers, die der einfache Adept nicht
durchlief.
Weihegrad
|
Planetengott
|
Attribute
|
7. Pater
|
Saturn
|
Sichel, Phrygische Mütze,
Szepter,
Opferschale
|
6. Heliodromos
|
Sol
|
Strahlenkranz,
Peitsche
|
5. Perses
|
Luna
|
Mondsichel, Abendstern, Hakenschwert
|
4. Leo
|
Jupiter
|
Blitzbündel, Weihrauchschafel,
Sistrum
|
3. Miles
|
Mars
|
Helm, Lanz, Rindsschulter
|
2. Nymphus
|
Venus
|
Diadem, Lampe
|
1. Corax
|
Merkur
|
Heroldsstab, Becher, Rabe
|
6. Symbolik der Altardarstellungen
Auf allen Mithrasaltarsteinen wird der Gott beim Opfern des
Urstieres
gezeigt. Den Stier, den er weit über die Erde verfolgt und
schließlich eingefangen hatte, trug Mithras auf seinen Schultern
in eine Höhle getragen. Dort wurde das Tier geopfert. Die
Abbildungen zeigen einen
jugendlich schönen Mann, der neben dem Stier steht, ihn an den
Nüstern gepackt hat und ihm seinen Dolch in die Halsschlagader
stößt. Ein Hund springt hinzu, um das Blut zu trinken. Ein
Mischkrug, um den sich eine Schlange ringelt, ist aufgestellt, um das
Blut aufzufangen. Ein Skorpion sitzt an den Genitalien des Stieres, um
seinen Samen zu trinken. Auf dem
wehenden, sternbesetzten Mantel des Gottes sitzt ein Rabe, der Bote des
Sonnengottes. Mithras ist zusammen mit den Symbolen des Mondes, der
Gestirne und der
Jahreszeiten am Rande des Reliefbildes zu sehen. Von den beiden
Begleiter
des Mithras hält Cautos eine Fackel nach oben, was Leben und
Sonnenaufgang
bedeutet, während Cautopates die Fackel senkt, was den
Sonnenuntergang
und den Tod bedeutet. Cautes und Cautopates stellen auch Morgen- und
Abendstern
dar. Aus der Schwanzspitze oder aus der Halswunde des Stieres
sprießen
Ähren, Kräuter und Pflanzen. Der Urstier wird geopfert zur
Erneuerung
der Welt. Aus seinem Blut und aus seinem Samen erneuert sich die Erde
und
alles Leben. Auf allen Altarabbildungen trägt Mithras die
phrygische
Mütze, die in der Antike Orient weit verbreitet war. Die lederne,
helmartige
Kopfbedeckung mit einem runden, nach vorn geneigten Zipfel, wurde aus
dem Hodensack und der angrenzenden Fellpartie eines Stieres
hergestellt.
Eine besondere Härte erreichte diese Mütze durch trocknen.
Man
glaubte, dass die lebenspendende Kraft des Stieres durch die Mütze
auf ihren Träger überging.
(Später sollte die phrygische Mütze in der romanischen Kunst
zum Sinnbild der Zügellosigkeit und sexueller Ausschweifungen
werden. Aus rotem Stoff gefertigt, sollte sie schließlich bei der
französischen Revolution zur Kopfbedeckung der radikalen Jakobiner
werden.)
|
|
Mithräum Nida (Frankfurt a.
M.
- Heddernheim)
Ärchaologisches Museum Frankfurt
am
Main
|
Mithräum Londunium
Stadtmuseum London
|
7. Riten und Glaubensinhalte / Christlicher Synkretismus
Der Geburtstag des Mithras, der dies natalis solis, war der
25.
Dezember. Erst im Jahre 353 legte die christliche Kirche den Geburtstag
Christi auf den 25. Dezember, um Mithras, den unbesiegbaren Sonnengott,
aus dem Volksbewusstsein zu verdrängen. Die Adventzeit als
Vorfeier des Weihnachtsfestes gibt es erst seit dem 6. Jahrhundert auf.
Auch in ihr lebt symbolisch ebenfalls die Geburt des Mithras weiter, da
mit seinem Erscheinen das Licht in die Welt gebracht, und das Leben
erneuert wird. (mit der Wintersonnenwende werden die Tage wieder
länger). Die christliche Weihnacht, bei der in finsterer
Winternacht die Kirchen und die Wohnzimmer strahlend hell erleuchtet
werden drückt diese Vorstellung aus.
Die Mithrasreligion hatte das astrologische Wissen der "weisen Magier"
Babylons übernommen, von denen drei nach
christlichen Überlieferung dem neugeborenen Jesuskind huldigten,
nachdem sie einem Stern nach Bethlehem gefolgt waren.
Zu den "Heiligen drei Knöigen" wurden diese "magoi"
(Sternendeuter) aus dem Morgenland erst in späterer Zeit
verklärt.
Wie das frühe Christentum stellt sich auch die Mithrasreligion als
Jenseitsreligion dar.
Wie Mithras stieg auch Christus vom Himmel herab. Auch bei seiner
Geburt sollen ihn Hirten angebetet und ihm die Erstlinge ihrer Herden
und Früchte dargebracht haben. Später fuhren beide wieder zum
Himmel hinauf, wo sie von (Sonnen)Gott inthronisiert, Teilnehmer der
göttlichen Allmacht, und schließlich zum Teil einer
Trinität wurden.
Der Glaube der Mithrasanhänger, dass Mithras einst wiederkehren
würde, um die Toten zu erwecken und zu richten
wurde von den Christen auf Jesus übertragen.
Bereits Mithras war Mittler zwischen Himmel und Erde, Gott und dem
Menschengeschlecht, Gottmensch, Weltheiland und Erlöser.
Der heilige Tag des Sonnengottes war der "dies solis" (Sonntag).
Er wurde im Mithraskult als erster Tag der Woche besonders gefeiert,
und dann auch von den Christen, für die ursprünglich alle
Tage
in gleicher Weise dem Herrn gehörten, als "Tag des Herrn"
übernommen. Bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts betonte Origenes,
dass für den
vollkommenen Christen alle Tage Herrentage seien.
Der Mithraskult kannte sieben Sakramente. Ebenso viele spendet heute
noch die katholische Kirche, die in der Anzahl ihrer heiligsten
Güter jedoch lange Zeit unentschlossen war. Erstmalig im 12.
Jahrhundert wurde die Siebenzahl der katholischen Sakramente bezeugt
und erst auf dem Konzil von Ferrara-Florenz (1439) zum Dogma erhoben.
Der Mithraskult besaß neben Taufe und Firmung eine Kommunion, die
aus Brot und Wasser manchmal aus einem Gemisch von Wasser und Wein
bestand. Auch dies war Vorbild für die spätere christliche
Auffassung
, dass sie zum Gedächtnis an die letzte Mahlzeit des Meisters mit
den Anhängern zelebriert wurde. Die Mithras-Hostien waren mit
einem Kreuzzeichen versehen.
Wie später bei den Christen oblag den Priestern das Spenden der
Sakramente und die Zelebrierung des Gottesdienstes.
Der altiranische Dualismus hatte zuvor schon Eingang in das Judentum
(Essener) gefunden und sich später auf das Christentum
übertragen. Ahriman wurde hierbei zum Satan (Widersacher). Zur
besonderen Ausprägung gelangte der Dualismus bei den Manichaern,
den Bogomilen und schließlich den okzitanischen Katharern des
Mittelalters.
|
timediver´s
Anmerkungen:
Auch das schwarz-weisse Banner (Béausant) der
Templer
wird häufig als Versinnbildlichung des universellen Dualismus
gedeutet.
Manche Autoren gingen in ihren Interpretationen sogar noch weiter,
indem
sie die These aufstellten, dass die Templer (modifizierte)
Mithrasverehrer
gewesen seien. |
Die 'Mithriasten' beriefen sich auf eine Offenbarung,
setzten eine
Sintflut an den Anfang der Geschichte und ein Jüngstes Gericht an
deren Ende. Die Christen übernahmen neben dem Endzeitgericht von
der Mithrasreligion auch den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele
und die Auferstehung
des Fleisches.
Der Mithraskult für das Christentum eine mächtige Konkurrenz
war, wurde er von den Christen häufig diffamiert.
Christliche Quellen berichteten u. a., dass die neu getauften
Mithrasanhänger Rabenmasken getragen, gekrächzt und mit
Flügeln geschlagen hätten, während die Löwen ein
Gebrüll angestellt hätten. Es
wurde auch von Taufen und Abendmahl mit Tierblut
berichtet.
8. Das Ende
Obwohl einige römische Kaiser Mithrasanhänger
waren (z.B.
Commodus, 180 –192 n. Chr.), der römische Staat die
Mithrasreligion eine Zeit lang förderte und die
Mithrasanhänger loyale und treue Soldaten und Beamte waren,
unterlag diese Religion schließlich dem Christentum. Der Umstand
das der
Mithraskult nur den Männern vorbehalten war, wir hierfür
häufig als
Hauptgrund angesehen.
Hinzu kam jedoch auch, das der Kult durch die inzwischen christlichen
römischen Kaiser verboten wurde. Von der Kirche aufgestachelt,
haben die Christen noch im 4. Jahrhundert
seine Anhänger überall verfolgt, die Mithräen
geplündert, die Priester getötet und in den geschleiften
Tempeln begraben. In den Ruinen des Mithräums der Saalburg (bei
Frankfurt am Main) fand man das Skelett des Mithraspriesters
in Fesseln. Man hatte den Leichnam im Heiligtum verscharrt, um dieses
für immer zu entehren. Für einige Forscher gelang die
Niederkämpfen dieses Glaubens sogar nur, weil die Christen ihre
Kirchen einfach über seinen Kultstätten erbauten. Wurde doch
dadurch nach antikem Denken der frühere Gott gelähmt oder gar
vernichtet. Eine ganze Mithraskrypta liegt beispielsweise unter der
Kirche San Clemente in Rom (s. Foto unten). Der christliche Altar steht
fast genau über dem heidnischen.
Seine Hochblüte erlebte die Mithrasverehrung im 3. Jahrhundert
n. Chr. Danach konnte sie sich nur noch in den Alpen und Vogesen bis
ins 5. Jahrhundert erhalten. Dann war sie auch dort beseitigt und blieb
bis ins 19. Jahrhundert fast völlig vergessen.
|
San Clemente in Rom (2.
Untergeschoss) |
|