• Letzte Aktualisierung: 03.04.2007   

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Herzogtum Baltikum

05.11.1917 - 10.11.1918

 

Die Kaiserlich-deutsche Armee eroberte am 3. September 1917 die bis dahin zu Russland gehörende lettische Stadt Riga. Wie bereits zuvor bei der provisorischen russischen Regierung sollte auch die Haltung der deutschen Okkupanten von einer weitgehenden Unterschätzung des Nationalitätenproblems bestimmt sein. Während die lettischen Bolschewiki die Vereingung mit Sowjetrussland wollten, und lettische Sozialdemokraten, Liberale und konservative Bauern für einen unabhängigen Staat eintraten, erstrebten die konservative lettische Volkspartei und ein Teil der Baltendeutschen den Anschluss an das Deutsche Kaiserreich an.

Die deutsche Besatzungspolitik bestand aus einem Geflecht von Sicherheitserfordernissen und imperialistischen Herrschaftsansprüchen. Die annexionistischen Ziele sollten mit Hilfe des Landadels und des Besitzbürgertumes eine monarchistisch-konservativen Staatsordnung errichten. Mit einer geplanten Massenansiedlung deutscher Bauern und einer zielgerichteten Schulpolitik sollten lettische und estnische Kultur assimiliert werden. In Riga gelang es aber der lettischen städtischen Bildungsschicht zusammen mit deutschbaltischen Pädagogen die lettische Sprache an allen Schulen zu erhalten. Gleiches gelang deutschbaltischen und estnischen Lehrern Anfang 1918 in Estland.

Die deutschbaltische Führungsschicht verband sich jedoch eng mit der deutschen Okkupationspolitik. So kämpfte sie nicht nur gegen die Bolschewiken, sondern auch gegen die Errichtung selbstständiger demokratischer baltischer Staaten.
Da sie sich als "Träger der ältesten Kultur im Lande" sahen, wollten sich ihre Angehörigen auch weiterhin die Führung sichern. Sie versuchten ein einheitliches baltisches Herzogtum zu bilden und wandten sich mit einem Hilfeersuchen an den deutschen Kaiser. Einsprüche der Esten und Letten wurden nicht berücksichtigt. Im September 1917 erkannte Wilhelm II. die Selbstständigkeit des baltischen Herzogtums an und am 5. November wurde es in Riga ausgerufen. Herzog Adolf Friedrich aus Mecklenburg sollte in Personalunion auch die Krone des neuen "Vereinigten baltischen Herzogtums" tragen. Bis zu seiner Ankunft sollte er von einem 10-köpfigen "Regentschaftsrat" unter Führung des livländischen Landmarschalls, Baron Adolf Pilar von Pilchau, vertreten werden.

Im Frieden von Brest-Litowsk (03.03.1918) verzichtet Sowjetrussland u. a. auf seine Hoheitsrechte in Kurland, dessen künftige Verhältnisse vom Deutschen Reich im Einvernehmen mit den dortigen Völkern nach dem Selbstbestimmungrecht gelöst werden sollen. Estland und Livland bleiben vorläufig von deutscher Polizeimacht besetzt. Das unter ritterschaftlicher Führung stehende Gremium, das auch als "Vereinigter Landesrat" bezeichnet wurde, beschloss zudem am 12.04.1918, den Deutschen Kaiser zu bitten, das Baltische Herzogtum unter den Schutzdes Deutschen Reiches zu stellen. Derartige Pläne offenbarten den illusionären Charakter der damaligen deutschen Ostpolitik und der politischen Hoffnungen deutschbaltischer Führungskräfte.

Der am 03.10.1918 erste parlamentarisch berufene Reichkanzler Prinz Max von Baden vollzog einen totalen Bruch mit der bisherigen Baltikumpolitik, indem er sich nunmehr am Selbstbestimmungsrecht der Nationalitäten orientierte. Es war insbesondere der spätere Vorsitzdende der deutschen Saeimafraktion, Paul Schiemann, der beim Kanzler dafür warb, den baltischen Völkern eigene Parlamente und Regierungen zu geben und damit den Anstoss zur entscheidenden Wende in der deutschen Baltikumpolitik gegeben hat.

Am 11.11.1918 verzichtet Deutschland mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens in französischen Compiègne auf die Vereinbarungen des Friedensvertrages von Brest-Litowsk und stimmt der Zurückführung aller deutschen Truppen im Osten hinter die Grenzen von 1914 zu. Noch am gleichen Tag wird die Republik Lettland ausgerufen. Die Republik Estland war bereits am 24.02.1918 proklamiert worden.

Nach dem Abzug der 8. Deutschen Armee drängten deren Reste als "Eiserne Division" gemeinsam mit der aus deutschbaltischen Freiwilligen aufgestellten "Landeswehr" und einem geringen lettischen Kontingent die bolschewistischen Truppen ausser Landes. Die Deutschbalten leisteten einen entscheidenden Beitrag zur Abwehr der kommunistischen Machtansprüche und damit zum Kampf um die Freiheit Estlands und Lettlands. Dennoch verloren sie, die im zarischen Rußland oftmals als hervorragende Staatsmänner, Feldherren, Wissenschaftler und Künstler gewirkt hatten, in beiden baltischen Republiken endgültig ihre gesellschaftliche Vorrangstellung.

 

 

Karte Baltikum
Der Hitler-Stalinpakt vom 23.08.1939 bringt die Baltenrepubliken in den Machtbereich der Sowjetunion.

Am 30.10.1939 wird der deutsch-lettische Vertrag zur Umsiedlung der Baltendeutschen in das Gebeit des
Deutschen Reiches abgeschlossen und am 22.06.1940 verlieren alle drei baltischen Staten ihre Unabhängigkeit,
als sie der Sowjetunion "angeschlossen" werden.



Seit dem 01.05.2004 gehören Estland, Lettland und Litauen zur Europäischen Union.

In Estland soll im Jahre 2006 der EURO zum Zahlungsmittel werden!